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Die Buck Owens Story (4)
Die Buckaroos / My Pledge To Country Music / 1966 ist das Buck Owens-Jahr / Phase der Ruhe
Von Hauke Strübing

Vorwort:
Dieser Beitrag erschien ursprünglich im Jahr 1973 in der Country-Zeitschrift COUNTRY CORNER unter dem Titel "BUCK OWENS from Bakersfield" (COUNTRY CORNER, Dezember 1973, 8. Jahrgang, Heft 37). Der Abdruck nach 32 Jahren erfolgt in 4 Teilen. Einige Passagen sind heute nur noch aus der Sicht von vor 32 Jahren zu verstehen.

Die Buckaroos

Kein zweiter Mann ist so sehr an der Karriere von Buck Owens beteiligt wie Don Rich, den man auch häufig als seinen rechten Arm bezeichnete. Den Allround-Musiker Don Rich traf Buck Owens erstmals 1958 in Tacoma, Washington, doch erst im Jahre 1960 bildeten sie in persönlicher und geschäftlicher Hinsicht ein Team. Bereits als 6Jähriger trat der am 15. 8. 1941 geborene Don Rich bei der Radio Station KGY in Olympia, Washington, auf. Mit 15 Jahren beherrschte er das Gitarrenspiel so perfekt, daß er in eigenen Shows auftrat. Neben Jay McDonald (Steelguitar) war er einer der beiden Ur-Buckaroos, als es die Buckaroos dem Namen nach noch gar nicht gab. Die eigentliche Gründung erfolgte etwas später im Jahre 1962.  Don Rich, Fiddle - Jay McDonald, Steelguitar -  Kenny Pierce, Electric Bass - und Ken Presley, Drums waren die ersten in einer langen Reihe von Einzelkönnern, die diese Band bildeten. Eine breite Öffentlichkeit hörte von den "famous Buckaroos" bzw. las von den "famous Buckaroos" auf der Plattenhülle der Lp "You´ re For Me". Noch begleiteten sie Buck Owens allerdings nicht bei seinen Sessions. So war etwa der Steelplayer in fast allen frühen Aufnahmen Ralph Mooney.  Erst ab der Lp "Together Again" (ST-2135) führte man die Buckaroos offiziell - wenigsten auf der Plattenhülle.

Die Buckaroos waren seltsamerweise einem dauernden Wechsel unterworfen. Im August 1963 stieß Doyle Holly (Guitar und Fiddle) zu den Buckaroos, seit Dezember 1963 war Tom Brumley (Steel) dabei. Willie Cantu ersetzte Anfang 1964 Ken Presley (drums). Daß Buck Owens speziell in den Studio-Sessions kaum seinen angestammten Steelplayer von den Buckaroos nahm sondern hauptsächlich Ralph Mooney und gelegentlich auch Buddy Emmons verpflichtete, mag mit ein Grund dafür gewesen sein, daß sich Tom Brumley im Februar 1969 von den Buckaroos löste und zeitweise eine fatale Lücke riß. Tom Brumley jedenfalls, der die Steel Guitar nur in "Together Again' spielte, schied im Zorn und merkte an, daß Buck Owens Musik eigentlich nie so richtig für die Steelguitar ausgelegt gewesen sei. Doyle Holly (Bass) ging, als ein anderer Doyle kam: Doyle Singer. Im Jahre 1968 stieß schließlich Jerry Wiggins - heute Ehemann von Susan Raye - zu den Buckaroos. Ein anderer früherer Buckaroo war Jay Dee Maness (Steelguitar). Eine der neuesten Formationen weist folgende Namen auf: Don Rich, Jim Shaw, Doyle Singer, Jerry Wiggins und Ronnie Jackson.

My Pledge To Country Music

Mit "Act Naturally" leitete Buck Owens eine Serie von Erfolgen ein, die in der Geschichte der Country Music ihresgleichen sucht. 28 Wochen lang ist diese Aufnahme in den Country Charts zu finden, gar 30 Wochen lang bestimmt der Nachfolger "Love´s Gonna Live Here" das Geschehen jener Monate. Seine 4. Langspielplatte "On The Bandstand" (ST-1879) erschien im März 1963 und wird noch Anfang 1964 in den Langspiellisten als Bestseller geführ.. Vielleicht gerade deshalb, weil "0n The Bandstand" in der Art der Zusammenstellung ein Novum darstellte: neben Buck Owens hörte man erstmals auch seine Buckaroos mit eigenen Titeln. Da und dort Duettaufnahmen und Instrumentals. Schon damals zeichnete sich ab, daß sein Vorrat an eigenen Liedern so umfangreich war, daß er so gut wie überhaupt nie die gängigen Titel anderer Sänger nachvollziehen mußte. Zu den wenigen Ausnahmen ist die Lp "Bridge Over Troubled Water" (ST-685) zu rechnen.

1964 zeichnete MUSIC BUSINESS den Sänger mit dem Award "Male Country Singer Of The Year" aus. Nicht zuletzt trug seine erfolgreichste Single Capitol 5136 dazu bei.Nur selten erscheint einmal eine Single mit zwei wirklichen A-Seiten: " My Heart Skips A Beat" und vor allem "Together Again" waren es! Vielleicht hatte niemand an einen "langsamen" Buck Owens geglaubt. Am wenigsten Capitol. Aber beide Aufnahmen wurden Nummer l Hits! Beide Aufnahmen waren gleichzeitig 26 bzw. 27 Wochen in den Charts. Nahtlos fügte sich danach "I Don´t Care" (mit der Rückseite "Don´t Let Her Go") auf Capitol 5240 an.

Das Jahr 1965 bescherte dann einen Buck Owens, wie man ihn bislang noch nicht kannte. Mit "I´ve Got A Tiger By The Tail" (Capitol 5336) setzte er eine Welle in Bewegung, die man heute schlicht und respektlos die "Tiger-Welle" bezeichnen kann. Immerhin setzte er sich von seinem ursprünglichen Stil weit ab. Fortan kennzeichnete ihn dieser Stil. Alles was später entstand, hatte seinen Ursprung in dieser einzigen Aufnahme. Nur selten gelang es ihm, sich so richtig von dieser Richtung zu lösen. Was anfangs als große Masche herausgestellt wurde, führte in späteren Jahren zu einem Engpaß. Der plötzliche  noch größere Erfolg vor allem auf dem Pop-Sektor mußte Buck Owens selbst ein wenig erschreckt haben. Man wußte von ihm, daß er sich stets bemühte, seine damals schon große Anhängerschaft nicht durch einen Stilwechsel zu verprellen. Diese Befürchtung wurde nun durch seine überaus großen Erfolge genährt. Erfolge, die ihm Tür und Tor der Pop-Charts öffneten. Wohl aus der Sorge heraus, daß sich seine Country-Anhängerschaft von ihm wenden könnte, gab er seine mittlerweile berühmt gewordene Erklärung "My Pledge To Gountry Music" ab:

Hatten nicht andere Sänger wie Jim Reeves, Ray Price, Faron Young und vor allem Eddy Arnold diesen möglichen Weg gewiesen? Zwar konnte man sich einen Buck Owens nicht so richtig als "Smooth"-Sänger vorstellen, doch bestand die Gefahr eines Abrutschens in eine noch härtere Richtung, die man getrost als Country-Rock bezeichnen kann. Nun, er schien seine Erklärung als selbst auferlegte Verpflichtung zu betrachten. Wenigstens in der Weise, daß er es mit einem gelegentlichen Abstecher bewenden ließ. Zumindest verstanden es seine Arrangeure so geschickt, "harte" Aufnahmen immer wieder in ein Country-Kleid zu stecken. Was sonst ist "Sam´s Place"? 

1966 ist ein Buck Owens-Jahr 

Wenn man von dem Sänger Buck Owens spricht, kann die Zeitspanne um 1966 als der Höhepunkt seiner Karriere angesehen werden. Immerhin lagen fast zehn Jahre zwischen seinem Vertragsabschluß mit Capitol und der Periode absoluter Erfolge. Eine überraschende Entwicklung, so fragt man sich, wenn man den Aufstieg vieler anderer Sänger vor und nach ihm verfolgte. Am 7. Februar 1966 erschien seine Lp "Roll Out The Red Carpet" fast gleichzeitig mit der Lp "The Buck Owens Song Book".. Für April werden die Dreharbeiten für seinen Film "Walk Proudly, Young Man" angesetzt. Ebenfalls für April ist die Veröffentlichung der Lp "Dust On Mother´s Bible" vorgesehen. Sein Kommentar: "Not too bad, doing three albums in four months". Auf dem Markt - und heiß im Rennen - sind zur gleichen Zeit zwei weitere Lps: "Before You Go" und "The Instrumental Hits Of Buck Owens".  Einige Monate vorher hatten die Single "Santa Looked A Lot Like Daddy" (Capitol 5537) und die Weihnachts-Lp "Christmas With Buck Owens And His Buckaroos" ihr Rennen gemacht. Was für eine Zeit! 

Am 19. März 1966 verkündete Capitol - nachdem Buck Owens Anfang März von der Academy Of Country & Western Music zwei Auszeichnungen erhalten hatte - und zwar als Best Bandleader und als Best Male Vocalist, daß die beiden Alben "Roll Out The Red Carpet" und "The Buck Owens Song Book" vier Wochen nach ihrem Erscheinen bereits mehr als 200 000mal verkauft worden seien. In der gleichen Zeitspanne verkaufte Capitol weitere 110 000 andere Owens-Lps. Das sind auch für amerikanische Verhältnisse außergewöhnliche Zahlen, wenn man bedenkt, daß manche Langspielplatten insgesamt nur Auflagen bis zu 5 000 Stück erreichen. Am 25. März 1966 gibt Buck Owens sein berühmtes Carnegie Hall Concert, ein Ereignis, das ebenfalls auf Lp festgehalten wird (ST-2556). Mit diesem Konzert trug er wesentlich mit bei, die bestehende Mauer in den östlichen Teilen Amerikas mit abzubauen. Mit dabei sind seine Buckaroos Tom Brumley, Don Rich, Willie Cantu und Doyle Holly und im Rahmenprogramm Dick Curless, Johnny Payscheck, Archie Campbell, Marion Worth und Kay Adams. Viele Auslandstourneen bringen  ihn in alle Teile der Welt. Nach Japan, später nach England (sein Konzert am 9. März 1969 im Londoner Palladium wird auf Langspielplatte festgehalten), nach Skandinavien und im Rahmen der Capitol Caravan Tour am 14. 4. 1970 nach München.

Die Phase der Ruhe

Was bereits an anderer Stelle angedeutet wurde, machte sich in den folgenden Jahren mehr und mehr bemerkbar.  Seine "I´ve Got The Tiger By The Tail"-Welle überlebt sich langsam. Sie ist bis zum letzten Winkel ausgelotet. Neue Ideen und schöpferische Ideen mögen sich nicht so richtig durchsetzen. Abwechslungsweise werden da und dort Streicher in seine Arrangements eingebracht. Es gefällt nicht! Die am 17. 2. 1969 und am 29. 9. 1969 veröffentlichten Lps "I´ve Got You On My Mind" und "Tall Dark Stranger" strahlen nicht mehr jene Originalität und jenes Fluidum früherer Produktionen aus. Abgesehen von "The Kansas City Song" und "I Wouldn´t Live In New York City", die allerdings die eingefleischten Buck Owens Fans genau so wenig beeindrucken können, bringt das Jahr 1970 Nostalgie. Viele alte Aufnahmen kommen zwar im Original aber nur in neuer Verpackung wieder auf den Markt. Erstmals nach langen Jahren versucht Buck Owens es wieder im Duett mit seiner Entdeckung Susan Raye. Es beginnt die Phase der Ruhe, es beginnt die Phase, bei der sich die Kenner der Szene fragen: Was ist mit Buck Owens los?

Während also auf dem Plattensektor die große Ruhe einkehrt, ist Buck Owens allerdings auf anderen Gebieten geschäftig tätig. Im September 1968 gibt er in Anwesenheit von Präsident Johnson sein "White House Concert". 1969 tritt er regelmäßig in der TV-Show "Hee Haw" auf. Seine "Buck Owens Ranch Show" wird regelmäßig in mehr als 70 Städten der USA über TV gezeigt. Seine Popularitätskurve steigt. Zudem ist er unzweifelhaft zu einem der Größten in der Country-Maschinerie geworden: als Sänger, als Songwriter, als Geschäftsmann und als Förderer von Talenten. Bakersfield ist sein Imperium. Buckersfield - wie man es scherzhaft nennt. Er besitzt seine eigenen Aufnahmestudios. OMAC heißt seine Artists-Agentur. Hier finden wir die Büros der Buck Owens Enterprises, seine 'Personal Management Company' für Country Artists. Buck Owens besitzt eine eigene Schallplattenfirma - Blue Book Records. Sein Musikverlag heißt "Blue Book Music". In Bakersfield befinden sich zwei Buck Owens-Radio Stationen, zwei weitere haben ihren Sitz in Phoenix, Arizona. Ferner sind seinem Imperium eine Reiseagentur und eine TV-Production-Company angeschlossen. Und, und, und! Buck Owens als Förderer von Talenten, das ist eine andere Geschichte. Unter seiner Ägide wuchsen heran: Susan Raye, Buddy Alan, Kenni Husky, die Bakersfield Brass - der Gegenpol zur Nashville Brass, Red Simpson.  Tony Booth ist eine weitere Hoffnung. Merle Haggard geht schon seit vielen Jahren seinen eigenen Weg, Freddie Hart wurde - nach wie vielen Anläufen eigentlich? - zu einem Superstar der Country Music.

Schlußbetrachtung

Vieles wurde über Buck Owens gesagt, manches nur am Rande gestreift. Allein der Showman Buck Owens mag in dieser Betrachtung etwas zu kurz gekommen sein. Und das bewußt. Denn  nur die auf den verschiedenen Langspielplatten eingefangene Atmosphäre seiner Shows berechtigt noch lange nicht zu einem Gesamturteil. Hier mag ganz im allgemeinen der große Mangel liegen, mit dem Verfasser hier bei uns zu ringen haben. Bleibt die Feststellung, daß Buck Owens zu den Großen der Country Music zählt. Er ist nicht der Größte. Er ist einer der ganz Großen. Auch wenn heute noch nicht zu erkennen ist, wie sich Buck Owens stilistisch weiterentwickelt. Seine letzten Aufnahmen  lassen hier keinen klärenden Schluß zu. Er scheint sich im Augenblick in einer Suchphase zu befinden. Wie auch immer sein Stil beurteilt werden mag, eins ist Buck Owens immer geblieben: ein Country Sänger.

Dieser Bericht wurde Mitte bis Ende 1973 verfaßt. Wie es weiterging mit der Karriere von Buck Owens, lesen Sie in der Abhandlung von Ulrich Rechau  Eine Legende wurde fünfundsiebzig Jahre alt: BUCK OWENS / Zu den Buck Owens-Diskografien