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Country Music Seminar mit Walter Fuchs
Heftige Diskussion über das Thema "Country Music in der deutschen Radiolandschaft"

In lockerer und streckenweise sogar fröhlicher Atmosphäre ging vom 21.10. bis 23.10.2005 im Bühler Schüttekeller das Country Music Seminar mit Walter Fuchs über die Bühne. Initiator Rüdiger Schmitt hatte gerufen und viele waren  gekommen, jene, die schon frühere Seminare mit Walter Fuchs bei der Friedrich-Ebert-Stiftung besucht hatten, aber auch einige Newcomer waren mit dabei. Sie waren aus Bonn, Frankfurt, Mannheim, Calw, Neustadt/Weinstrasse und dem Elsass angereist, aber auch aus der näheren Umgebung von Bühl waren einige Gäste mit dabei. Der Kontakt unter den Teilnehmern war rasch hergestellt und Walter Fuchs führte kenntnisreich durch die faszinierende Geschichte der Country Music, ab und zu auch mit launigen Anekdoten gewürzt.

Angefangen von ihrer Entstehung im 19. Jahrhundert durch das Zusammentreffen von anglo-keltischer Volksmusik mit dem schwarzen Blues im Südwesten der USA, ging es über die frühen Jahre der Country Music mit dem damaligen populären Umfeld wie Ragtime und den „raggy“ Military Bands, zu den ersten offiziellen Country-Schallplattenaufnahmen im Jahre 1922, zur Breitenwirkung des Radios ab 1924, den ersten grossen Stars 1927 und dem daraus resultierenden Spannungsfeld zwischen Kunst und Kommerz, dem sozialen und wirtschaftlichen Hintergrund, 30er Jahre und Depression, die Entstehung des Western Swing in Texas und Oklahoma, die Kriegs- und Nachkriegszeit, der Aufstieg Nashville’s zur „Music City USA“, der Nashville Sound als Reaktion auf den Rock ‚n’ Roll, die 70er Jahre und die Reaktion der sogenannten „Outlaws“, die 80er Jahre und die „Neotraditionalisten“, die 90er Jahre und Garth Brooks und  der Beginn des 21. Jahrhunderts. Schliesslich wurde auch die Entstehung und Entwicklung der Bluegrass Music nicht vergessen, die Cajun Music, jener ethnische Stil der Country Music, der noch heute von französisch stämmigen Siedlern in Louisiana gepflegt wird sowie die Erklärung diverser Instrumente wie Banjo, Resonator Gitarre oder elektrisch verstärkter Steel Guitar. Abgerundet wurde das Ganze durch entsprechende Musikbeispiele.

Zu einem Höhepunkt dieser Seminare gehören immer die Textübersetzung ausgewählter Country Songs, die aufzeigen, wie wenig die Country Music mit den Klischees von der heilen Welt und dem Cowboy Mythos zu tun hat. Country Music, als eine Reflexion des Alltags der amerikanischen Unter- und Mittelschicht, bietet selten jene Fröhlichkeit, die man vom deutschen Schlager üblicherweise gewohnt ist. Dafür wurden und werden in der Country Music immer noch in Kurzgeschichtenform soziale, wirtschaftliche und politische Missstände sowie Umweltzerstörungen angeprangert, gestörte Zweierbeziehungen werden geschildert und Menschen in extremen Situationen werden portraitiert. Beispiele: Tom Russell über die Schliessung eines Stahlwerks in Pennsylvania in „U.S.Steel“, Tom T.Hall über einen Gefängnisaufenthalt in einem typischen amerikanischen Landgefängnis in „A Week In A Country Jail“, die Sons Of The Pioneers mit dem Protest gegen die Atombombe in „Old Man Atom“ oder der Protest der Country Gentlemen gegen die Umweltzerstörung in „This Land Must Die“. Kein Wunder, dass man schon längst die Country Music als den „Blues des weissen Mannes“ bezeichnet.

Natürlich wurde auch heftig über das leidige Thema „Country Music in der deutschen Radiolandschaft“ diskutiert, die, im Gegensatz zur Schweizer Radiozene, die Country Music kaum wahrnimmt. Dadurch bleiben auch ökonomische Impulse aus, sodass die vielen deutschen Country Music Freunde zu den vorzüglichen Festivals in der Schweiz, nach Gstaad und Interlaken, pilgern, während man in Deutschland kaum ein grösseres Country Festival auf die Beine bringt, weil die Unterstützung, die Infrastruktur, durch Country Music Sendungen im Radio fehlt. Negativbeispiele: die gut gemeinten Versuche in diesem Jahr durch die Städte Wolfsburg und Northeim. Positives Beispiel: das Internationale Bluegrass Festival der Stadt Bühl, das auch ohne Bluegrass Music Unterstützung im Radio seit 2003 erfolgreich arbeitet, obwohl gerade der Öffentlich-Rechtliche Hörfunk auch gebührenzahlende Minderheiten bedienen müsste und obendrein einen Kulturauftrag hat.

Eine besondere Überraschung für die Teilnehmer des Seminars war der kurzfristig angesetzte Auftritt der Sängerin und Komponistin Nikki Hornsby aus Los Angeles, die Fragen zur aktuellen Szene beantwortete und auch zur 12-saitigen Gitarre griff und selbstkomponierte und traditionelle Songs vortrug.

Am späten Sonntagnachmittag verabschiedeten sich die Seminarteilnehmer mit dem Versprechen, beim nächsten Mal wiederzukommen und auch noch weitere Freunde mitzubringen.

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