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Country Picks
Neue Country CDs kurz und bündig vorgestellt
Von Hauke Strübing

 

Billy Joe Shaver - Freedom´s Child   Compadre Records 925 150 (veröffentlicht am 19.11.2002)

Vor vielen Jahren sagte einmal jemand: Wenn man Texas von der Landkarte löschen würde, dann wäre die Country Music um die Hälfte ihrer Interpreten ärmer. Und ich sage dazu: Ärmer um das Country in der Musik. Früher schon und heute noch mehr. Der in Corsicana, Texas, (da wo der leckere Weihnachtskuchen herkommt und auch die Wiege eines anderen Großen der Country Music stand, Lefty Frizzell heißt er), der in Corsicana gebürtige Billy Joe Shaver zeigt mit "Freedom´s Child", was gute Country Music ist. Für seine Landsleute werden die tiefgründigen, Geschichten erzählenden Texte der 13 Lieder von größerer Bedeutung sein. Wir, die wir vordergründig die Musik hören, achten auf die Melodien, die eingesetzten Instrumente und die gewählten Arrangements. Und dann suchen wir nach ähnlichen Vorgängen, ziehen Vergleiche - und daraus unsere Schlüsse. Je vielfältiger die musikalische Auswahl getroffen ist, um so tiefer versinken wir in die Betrachtung des Angebotenen. "Freedom´s Child" gibt uns viele Anlässe über die Lieder nachzudenken. Jedes der mit seiner reifer gewordenen Stimme vorgetragenen und auch selbst geschriebenen Lieder öffnet eine andere Seite des Buchs der Country Music: "Day By Day" im Dreiviertel-Takt gibt Einblicke in die Familien-Chronik von Billy Joe Shaver. Im klassischen Johnny Cash-Sound das Lied "That´s Why The Man In Black Sings The Blues". An seine Jugend erinnert er sich in "Corsicana Daily Sun". "Drinkin´ Back" im guten, alten Honky-Tonk-Stil früherer Jahre ruft musikalische Erinnerungen an Ray Price, Charlie Walker und an den Meister aller "drinkin´ songs", an Harlan Howard. Und da sind die umwerfenden Lieder mit einem riesigen Hit-Potential: "Freedom´s Child" und "We". Und Doug Kershaw hätte sicherlich seine helle Freude an "Wild Cow Gravy". Wenn Hank Williams heute noch leben würde, könnte man sich ihn lebhaft mit dem "Déjà Blues" vorstellen. Und dann "Magnolia Mother´s Love". Was für eine Portion Mut gehört doch dazu, heutzutage ein wunderschönes Lied lediglich in Begleitung einer Mandoline zu singen. Die "Merry Christmas To You"-Aufnahme, im ungewohnt verwegenen Rhythmus dargeboten, wird allein deswegen ein Standardwerk jeweils zur Weihnachtszeit. Versteckt auf der CD auch die 7:21 Minuten dauernde Blues-Aufnahme von Billy Joe Shavers Sohn Eddy Shaver, der am 31. Dezember 2000 in Waco, Texas, 38jährig starb. "Freedom´s Child" ist die erste CD von Billy Joe Shaver nach dem Tod seines Sohnes. Produziert wurde die CD von R. S. Field, der vor einem Jahrzehnt ein anderes Billy Joe Shaver-Meisterwerk schuf: "Tramp On Your Street".

Das erste Mal muß man intensiv in "Freedom´s Child" hineinhören: Alle anderen Male wird man "Freedom´s Child" genießen.

Billy Joe Shaver - Freedom´s Child: Hold On To Yours (And I'll Hold On To Mine) - Freedom's Child - That's Why The Man In Black Sings The Blues - Honey Chile - Good Ol' USA - Day By Day - Corsicana Daily Sun - That's What She Said Last Night - Drinkin' Back - We - Wild Cow Gravy - Déjà Blues - (with Todd Snider) - Magnolia Mother's Love - Merry Christmas To You - Necessary (Eddy Shaver)
(Stand: 25. April 2003)



John Anderson - Anthology  Audium AUD-CD-8160

Am 15. Januar 1983 tauchte sie erstmals auf in BILLBOARDS Country-Single-Hitparade und just in der Woche, als ich erstmals Texas bereiste, swingte es auf allen Country-Frequenzen - in Texas sowieso: Am 26. März feierte John Anderson nach dem "Wild And Blue"-Erfolg seinen zweiten Riesen-Hit: SWINGIN´ swingte es aus allen Lautsprechern. Ob Country-Station oder Pop-Radio: Es SWINGTE und selbst Michael Jackson hatte mit "Billie Jean" sein Tun! John Anderson ist ein Musterbeispiel aus dem Bilderbuch der Country Music, wie es sie heute nur noch selten gibt: Er blieb seiner Country-Linie auch in schweren Zeiten treu. Etwas, was die Liebhaber der Country Music so schätzen und was die unendlich langen Karrieren vieler anderer Sänger und Sängerinnen begründet: George Jones, Johnny Cash, Porter Wagoner, Bill Anderson zum Beispiel Und John Anderson. Über sie redet man, von ihnen hört man sich gern die Musik vergangener Zeiten an und ist immer gespannt auf das Neue. John Anderson SWINGT auf "Anthology" nun schon das dritte oder vierte Mal - und kein Anzeichen von Ermüdung. Musikalische Sequenzen, die damals noch modern bis hyper anmuteten, sind heute das, was das Herz in der Country Music vermißt. Country Music ist die Musik des Herzens, die mich anmacht, wie etwa bei anderen Gelegenheiten die Musik von Verdi, Bellini, Rossini oder Donizetti. Oder von Lefty Frizzell oder Merle Haggard. "Anthology" ist so erfrischend produziert, dass man die ganze Welt mithören lassen möchte, die Welt teilhaben lassen möchte, was man bei "I Love You A Thousand Ways" und "Long Black Veil" fühlt. Lefty Frizzell hört ganz sicher zu! Nashville und das Country-Radio in den USA möchte man zurufen: Warum laßt ihr nur dieses Gesangs-Talent im Schatten stehen! Die Doppel-CD "Anthology" erzählt die musikalische Karriere von John Anderson bis tief in die 90er Jahre. 30 Titel auf 2 CDs, Zweitversionen seiner besten Lieder? Ja, ohne Zweifel. Doch wo hört man eigentlich den Unterschied zum Original? Nirgends! Auch das ohne Zweifel. Es ist dies nicht der Versuch, etwas anders zu singen. Es ist dies der gelungene Versuch von John Anderson, alles besser zu machen. Von singen rede ich mal garn nicht. Denn sein Gesangsstil ist das schwere Pfund, mit dem John Anderson bedenkenlos wuchern kann. 20 Jahre sind seit "Swingin´" ins Land gezogen - und nichts hat John Anderson an Stimme verloren! Klicken Sie hier auf die 30 Liedtitel von "Anthology" und hier auf die Biographie und das Gesamtverzeichnis von John Andersons Langspielplatten und CDs.
(Stand: 15. April 2003)

Mandy - On The Other Side  Arizona Records (erhältlich bei www.songhouse.de )

Ein Bekannter aus früheren Tagen fragte mich kürzlich, wo denn eigentlich Joe Sun geblieben sei. Ich dachte nicht, dass ich so schnell eine Antwort finden würde: Hier ist er! Gemeinsam mit Mandy Strobel singt er auf Mandy´s neuer CD "On The Other Side" ein Duett (The Last Hank). Ein fröhliches Wiederhören nach - meine Güte - 20 und mehr Jahren. Und erste Bekanntschaft mit einem Sänger mit vielfältigen Beziehungen zum american way of living und zur amerikanischen Musik. Er erlebt den Vorteil, mit 2 Sprachen aufzuwachsen. Mit 9 bereits hat er Premiere in einem US Offiziers-Club, im Alter zwischen 8 und 12 Jahren lebte Mandy mit seinen Eltern in Killeen, Texas (Fort Hood), und in Clarksville, Tennessee. Killeen in Texas, das erinnert mich - um mit Ed Bruce zu sprechen - an mein "First Taste of Texas", den  wir in Lampasas erlebten, den Ort, den Hank Williams Jr. Mitte der 80er Jahre in Rage brachte (Texas Women). Und um bei Ed Bruce zu bleiben: Auch etwas an ihn erinnert mich der Gesangsstil von Mandy und seine Musik auf "On The Other Side". Und auch an Steve Earle.

Wer mich schon aus früheren Zeiten kennt, weiß, dass ich nicht unbedingt bei "deutscher Country Musik" ausflippe. Diesmal sei es mir dennoch erlaubt, wobei der Begriff "deutsche Country Musik" bei Mandy´s CD alles andere als richtig eingesetzt ist. Die CD ist zwar hier in Deutschland ursprünglich veröffentlicht, aber sie hat nichts Country-Deutsches an sich. Sie ist an Ort und Stelle vor den Toren von Nashville (in Gallatin) mit einer starken musikalischen Besetzung entstanden und dort produziert von Brent Moyer und Mandy Strobel selbst. Und das ist die Tatsache: Vieles von dem, was in der US-Country-Music inzwischen verloren gegangen ist, das klingt in den 15 Titeln von "On The Other Side" nicht nur an: Es ist kräftig zu hören. Mandy Strobel bringt vieles von dem zurück, was wir so bitterlich vermissen: Eine ideenreiche Instrumentierung, wunderschöne Melodien, starke Arrangements, überdenkenswerte Texte und einen heute nur noch selten gehörten Abwechslungsreichtum. Eben Country pur. Und er läßt mit dieser CD vergessen, was uns das US-Country-Radio heute so aufzwingt - von einzelnen Mandy Strobel: Cover der CD "On The Other Side" Arizona RecordsAusnahmen mal abgesehen. Horchen Sie auf die Abwechslung, die in dieser Musik steckt. Eine musikalische Vielfalt, die sich in verschiedenen Duett-Aufnahmen mit Joe Sun, Becky Hobbs und instrumentalem Mitwirken des King of Cajun, JoEl Sonnier, ausdrückt. Es gibt für mich eigentlich nur eine geniale deutsche Country-CD (welche wohl?). Jetzt sind es derer zwei.

Produzent Brent Moyer über Mandy Strobel: "Drei Tage vor dem Studio-Termin hatte ich immer noch keine Vorstellung von der Art der Songs, wie Mandy singt und Gitarre spielt. Am Freitagnachmittag haben wir uns verabredet, und wir arbeiteten uns durch 15 Songs. Bereits am darauffolgenden Montag trafen wir uns im Studio wieder, um mit den Aufnahmen zu starten. Ich war sehr überrascht über Mandy´s Professionalität. Ich halte ihn für einen hervorragenden Sänger mit einem dazu passenden Gitarrenspiel, und Tatsache ist: Einige an diesem Tag eingespielte Songs konnten bereits als fertig betrachtet werden. Nicht viele Künstler sind in der Lage, dies zu vollbringen - nicht einmal die großen Jungs. Auch war es mir ein besonderes Vergnügen mit Mandy´s Frau Elsy, welche immer Im Hintergrund aufmerksam das Geschehen verfolgte, die Zeit zu verbringen. Ich glaube, dass diese CD eine gute Repräsentation von Mandy´s Projekt ist. Ich bin stolz darauf, und ich denke, dass so mancher, der von dieser CD hört, mir zustimmen wird."

Mandy - On The Other Side: Wherever I Go - Ocean Of Love - The Last Hank (duett with Joe Sun) - Burned By An Old Flame - Dirty Little Town (duett with Becky Hobbs) - Man On The Run - Gone - Drinkin´ My Thinkin´ (special guest JoEl Sonnier) - Long Distance Call - Mercenary Song ( special guest JoEl Sonnier) - Texas (special guest JoEl Sonnier) - It Wasn´t Me - Scorns Of Time - On The Other Side Of Town (duett with Becky Hobbs) - Goodbye
(Stand: 24. März 2003)

Und noch eine Einschätzung dieser CD:

Über den Umweg Great Britain ist heute bei mir die CD von Mandy “On The Other Side“ eingetroffen. Da mir Mandy jetzt schon ein paar Mal persönlich über den Weg gelaufen ist, war ich natürlich mehr als neugierig zur hören, was der nette Cowboy aus Ulm so Musikalisches zu bieten hat.
Alles stehen und liegengelassen habe ich, keine Zeit verschwendet und die CD war ganz schnell im Player verschwunden und WOW ihr werdet es nicht glauben, aber ich saß nach 45 Minuten immer noch vor dem Gerät und war jetzt beim letzten Titel, der nicht hätte passender sein können (Goodbye) angekommen.
Ich muss wirklich zugeben, dass ich nicht auf so ein hervorragendes musikalisches Erlebnis von Herrn Mandy gefasst war. Was ich zu hören bekam war einfach bestes Country, modern eingespielt und die große Liebe für traditionelles Country ist in jedem Song unüberhörbar. Nicht nur die Musik ist tolles Country pur, sondern auch seine markante Stimme scheint dafür wie geschaffen zu sein. Bei dem Titel „Man on the Run“ erinnert sie mich sogar an den großen Johnny Cash. Der Einsatz der Instrumente wie Gitarre, Fiddle, Mandoline, Banjo und Dobro (was mein Herz hat gleich noch höher schlagen lassen) ist nur als hervorragend zu bezeichnen, was somit den Verzicht auf die Steelguitar nicht ganz so schmerzlich erscheinen läßt. Das Album besteht aus 15 Songs von denen, ohne es übertreiben zu wollen, wirklich kein schlechter dabei ist und jeder das Countryherz höher schlagen lässt. Ich hätte nicht gedacht, dass eines Tages ein deutscher Countrymusiker Einzug in meine CD-Sammlung finden wird, aber bei Mandy mache ich gerne eine Ausnahme. Klasse Album, kann ich echt nur empfehlen!!!
Uli Sollweck (23. Juni 2004)

Vince Gill - Next Big Thing   MCA Nashville 170286
Next big thing? Die nächste große Sache, das nächste große Ding? Who knows. Ich wüßte gern, was wäre, wenn Vince Gill nicht der große Moderator der CMA Award Shows wäre - und das nun schon seit Jahren und die nächsten Jahre auch, wie wir inzwischen wissen. Zwar ist sein nächstes großes Ding gleich mal in der 1. Woche auf Platz 4 der BILLBOARD-Charts "TOP COUNTRY ALBUMS" hoch geschossen. Doch die Kaufbegeisterung ließ schon in der zweiten Woche nach (runter auf Platz 8) und in der 3. Woche ebenso (runter auf Platz 11) - und das nicht ohne Grund. Immer wenn der 45jährige Vince Gill Lieder mit Melodienführung singt, ist er ein Meister seines Faches, da wirkt seine Stimme alles andere als gequält. Ohne Zweifel! Er hat eine hohe für das Genre "Bluegrass Music" vorbestimmte Stimmlage, der Musikrichtung also, aus der er bekanntlich auch kommt. Kaum 20jährig war er Mitglied der Bluegrass Band BOONE CREEK, jener Gruppe, in der sich auch Ricky Skaggs und Jerry Douglas ihre Meriten verdienten. Doch wenn Vince Gill - wie häufig im 17 Stücke umfassenden "Next Big Thing"-Album - singend seine Melodien sucht, die Töne nölend ins Unendliche zieht - kann das auf die Nerven gehen. Die CD erschien am 11. Februar 2003. Die 17 Titel der CD finden Sie bei Country Neuheiten im Februar 2003 auf dieser Homepage (Stand: 12. März 2003).

 

The Mavericks - The Mavericks Sanctuary SANCD 192
Country Music ist auch in ihrer rockigen Ausführung irgendwie leichfüßig und melodiös, nicht sämig und nicht schwer. Die Musik der Mavericks aus vergangenen Tagen schätzte ich, weil sie country, rockig und rhythmisch und äußerst melodiös war. Als ich Malo und Co. vor wenigen Wochen in einer Opry-Übertragung mit  "Because Of You" hörte, war diese CD ein Muß! Um so größer die Enttäuschung jetzt nach Anhören des in diesen Tagen veröffentlichten Studio-Albums "The Mavericks". Kaum noch wiederzuerkennen das erwähnte "Because Of You", überladen mit riesiger Orchesterbegleitung auch der Rest der insgesamt 11 Musiktitel im latino-kubanischen Stil. An diesem Eindruck vermag nicht einmal der Einsatz von Willie Nelson in "Time Goes By" hinweghelfen. Diese CD ist eine Enttäuschung für mich als Country-Hörer. Sie vermittelt keinerlei Country-Feeling, sie ist langweilig (Stand 23. Oktober 2003).

Diese Seite wird fortlaufend ergänzt. Lesen Sie auch Country Picks (2).