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Neue Country CDs (gar nicht) kurz vorgestellt
Von Dörthe Messing / Hauke Strübing / Tobias Brockly

Die Songtexte lesen sich wie seine Biografie
Blaine Larsen
-  Off To Join The World  (BNA 66012)
Von Dörthe Messing

Blaine Larsen, 19 Jahre jung, seine Stimme umwerfend, Gänsehaut, ein warmer Bariton.Was macht sein Album „Off to join the world“ für mich so besonders? Blaine’s  warme Stimme und die großartigen Harmonien strahlen eine enorme Ruhe aus. Die Texte sind einfach und für jeden nachzuvollziehen. Kein großes Geschnörkel. Von den 11 Titeln auf seinem Album „Off to join the world“ hat er die Hälfte selber geschrieben.

In den Songtexten spiegelt sich sein Leben, sie lesen sich wie seine Biografie: „The best man“,  seine Gefühle, „In my highschool“ seine Jugend verbunden mit seinen Erlebnissen, Ängsten und den Erwartungen an das Leben, seine Wünsche und seine Träume gibt er wieder. Das ist Countrymusic, so wie ich sie mag, im Stil von Strait und Jackson. Seine Liebe zu diesen Musikern und deren Musikstil teilt er uns deutlich mit in „That’s just me“ mit den Worten: „I think what we need is more Alan, Brad and George“, welche ich selbstverständlich zu meiner Lieblingspassage erkoren habe. That’s all I’ve got to say about that“ ist mein wirklicher Favorit auf diesem Album. Warum? Ich kann es nicht erklären. Er zieht einfach mit, das Tempo, die Melodie, sie machen gute Laune. Absolut im Strait’schen Stil fragt er in „Yessireebob“ nach dem Weg in ein lockeres, bequemes, luxuriöses Leben, ohne viel dafür zu tun. Wunderschön auch „If Merle would sing my song“, für den sich Merle Haggard selbst mit seiner Stimme zur Verfügung stellte. „ Teaching me how to love you“ erzählt uns balladenhaft, dass man aus jeder Beziehung etwas für die nächste mitnehmen kann. In „I’ve been in Mexico“ schweift er etwas von dem vorangegangen Stil ab, was aber keinesfalls ein Manko darstellt. Dieser Song regt zum Träumen an und erinnert mich an Clay Walkers Art Musik zu machen. Nach „Off to join the world“, dem Circus Song, der einen musikalisch schon mit den ersten Takten in der Zirkuswelt zu sein wähnt, was für Countrymusic schon etwas gewöhnungsbedürftig anmutet, kommt Blaine uns zum Schluß noch nachdenklich traurig mit „How do you get that lonely“.

Ein absolut gelungenes Debutalbum, das ich jedem Fan der traditionellen Countrymusic nur wärmstens empfehlen kann.

Blaine Larsen - Off to Join the World (veröffentlicht am 25. Januar 2005)
The Best Man - In My High School - That's All I've Got to Say About That - Teaching Me How to Love You (with Joey Martin) - I've Been in Mexico - If Merle Would Sing My Song (guest vocals by Merle Haggard) - Yessireebob - The Man He'll Never Be - That's Just Me - Off to Join the World (The Circus Song) - How Do You Get That Lonely

Ich fühle mich wohl bei dieser Musik
Eine weitere Betrachtung der CD "Off To Join The World" von Blaine Larsen
Von Hauke Strübing

Genau so sehe ich das auch."Wenn Merle mein Lied singen würde, dann ginge ich nach Hause und würde (voller Stolz) jedem sagen: Meine Träume sind wahr geworden." Für Blaine Larsen ist mehr als dieser Traum wahr geworden: Er singt sie jetzt selbst, seine Lieder. Das Lied "If Merle Would Sing My Song" machte mich putzmunter - und dann natürlich die Tatsache, dass der große Merle seinen Teil zu diesem Lied beitrug mit zwei, drei Zeilen am Schluß der Aufnahme. Wenn man sich nun das jugendliche Gesicht von Blaine Larson anschaut - jemand verglich es mit dem des jungen Paul Newman, dann bekommt man dies und seine ausgereifte Bariton-Stimme absolut nicht in Einklang. Noch viel weniger, wenn man erfährt, dass "Off To Join The World" nicht etwa das Produkt vom letzten Herbst ist. Mit nur wenigen Überarbeitungen wurden 10 seiner ursprünglichen Lieder der bereits am 1. Juni 2004 veröffentlichten Giantslayer-CD "In My High School" übernommen, die er wiederum als gerade 15jähriger in Nashville einspielte - also schon im Jahr 2001. Neu ist auf der BNA-CD nur die Aufnahme "That´s All I´ve Got To Say About That".

Mit was vergleiche ich die Musik von Blaine Larson, vergleiche ich seine Stimme? Mit George Strait, seinem Vorbild, mit Clay Walker, mit Brad Paisley, mit Alan Jackson? Die Musik ist auch deren Musik, die der Country-Tradition verbunden ist. Aber von der Stimme her ziehe ich überhaupt keine Vergleiche, und das ist es, was den Sänger Blaine Larson ausmacht. Sie ist etwas Eigenes. Etwas, was jeden, der später mal bedeutend wurde, insbesondere auszeichnet. Vielleicht hat seine Stimme im Zustand, als er die Aufnahmen als 15jähriger einsang, gelegentlich noch etwas Rauhes in sich, in den Höhenlagen verlieren sich die rauhen Stellen. Von Bedeutung bleibt, dass er nicht in die Gruppe der Sänger fällt, die nur über kleine Nuancen erkennbar sind. Jeder mag sich fragen, warum Hank Williams, Lefty Frizzell, Johnny Cash, Merle Haggard, Buck Owens, Randy Travis und eben alle anderen Großen der Country Music ihre Popularität entwickelten: Die Größe eines Sängers/einer Sängerin macht immer dessen/deren Erkennbarkeit aus.

Mit der Musik seiner Debut-CD (bei einer großen Firma) liefert Blaine Larsen ein gutes Stück Old School Country ab. In seinen Liedern erzählt er Stories, die wir ihm abnehmen, weil sie aus seinem jungen Lebensbereich stammen - aus der Familie und im wesentlichen aus der Schule, die er noch besuchte, als die Aufnahmen entstanden. 6 der 11 Titel stammen aus seiner Feder, ungemein reif, was den Gesamteindruck des jungen Mannes verstärkt. Mit verblüffender Ernsthaftigkeit geht er die Themen seines Alters an. "The Best Man" ist die Geschichte der Scheidung seiner Mutter und die Erfahrung, einen neuen Vater zu finden, der sich um den Heranwachsenden kümmert. Erinnerungen in allen Facetten an die eigene Schulzeit in "In My High School". Erinnerungen, die ein Leben lang bleiben. Mit ausgesprochener Reife behandelt er das Thema Selbstmord eines Jugendlichen am Beispiel des Bruders eines Klassenkameraden: Wie kann jemand so einsam sein, sich selbst sein Leben zu nehmen ("How Do You Get That Lonely")?

Wie gesagt: Eine reife Leistung eines jungen Mannes.

In Blaine Larsen steckt sicherlich noch ein viel größeres Potenzial
Eine weitere Betrachtung seiner CD "Off To Join The World" 
Von Tobias Brockly

Ich war skeptisch. Sehr skeptisch. Irgendwie waren mir das zu viele Lobeshymnen auf dieses Nachwuchstalent Blaine Larsen. Wie konnte bitte ein 19–Jähriger so klingen wie jemand, der schon 20 Jahre im Geschäft ist? Die ersten Hörproben bei einem großen Internetkaufhaus konnten mich auch nicht so wirklich überzeugen. Daher stellte ich den Hype um diesen jungen Mann erstmal gehörig in Frage. Doch aus einem mir immer noch schleierhaftem Grund ließ ich mich schließlich dazu überreden mal etwas genauer hinzuhören. Wenn dermaßen viele Fans der Countrymusic, einige wenige davon haben sogar wirklich Ahnung, diesen Blaine Larsen in den siebten Himmel loben, dann muss da ja irgendwas dran sein.

Auf seinem Debütalbum „Off to join the world“ hüllt er seine Stimme hauptsächlich in samtigem Balladengewand. Mit Songs wie „The best man“, „Teaching me how to love you“ und „The man he´ll never be” zeigt er, dass er Balladen mindestens genauso glaubhaft intonieren kann wie sein großes Idol George Strait. Bei „If Merle would sing my song“ wird er dann sogar von keinem Geringeren als der Country-Legende Merle Haggard unterstützt. Nomen est Omen eben. Auch die erste Singleauskopplung „How do you get that lonely“ ist eine Ballade. Zu der Entscheidung, ausgerechnet diesen Song als Erstes auszukoppeln, kann man ihn nur beglückwünschen. Es ist sicherlich einer der intensivsten Songs des Albums. 

Blaine kann aber auch anders. Das zeigt er uns in solchen Fetzern wie dem etwas nervigen „Yessireebob“ und dem durchaus akzeptablen „That´s just me“. Mit der Zeile „What we need is more Alan, Brad and George“ verdient er sich ein paar Bonuspunkte, die über die teilweise einfallslose Melodie hinwegsehen lassen. Vielleicht sollte er über eine Laufbahn als Politiker nachdenken. Angenommen er würde so ein Statement wie „More Alan, Brad and George“ in einer Rede unterbringen, dann würde ich ihn auf der Stelle wählen.

Mit „I´ve been in Mexico“ beweist er mir dann aber doch noch, dass er auch bei flotteren Stücken überzeugen kann. Sonnige Gipsy-Gitarren erhellen mein Gemüt. Schön zu wissen, dass du schon so viel rumgekommen bist, Blaine. „In my High School“ wird dann zu einer Analyse über die verschiedenen Mentalitäten seiner Mitschüler. Toby Keith analysierte vor einem Jahr das Gemüt einzelner Kneipenbesucher in „I love this bar“. So hat eben jeder seinen Zuständigkeitsbereich. 

Zwei Songs stehen noch aus, zu denen ich mich noch nicht geäußert habe. Da wären „That´s all I´ve got to say about that“ und der Titelsong „Off to join the world (The circus song)“. Wie der Titel schon verrät, nimmt Blaine uns mit in den Zirkus. Und genauso könnte ich es beschreiben: So ein Zirkus! Wirklich Country ist das nicht, was er uns bei diesem Titel bietet. Erinnerungen an „Being for the benefit of Mr. Kite“ von den Beatles werden wach, wenn diese Zirkusmusik ertönt. Das sollte ihm eigentlich Pluspunkte verschaffen, tut es aber nicht. Zumindest nicht bei mir. 

Ich hab´s mir aufgehoben für den Schluss, mein persönliches Highlight dieser Platte. „That´s all I´ve got to say about that“ überzeugt von der ersten bis zur letzten Sekunde. Das ist auch schon alles was ich darüber zu sagen habe, getreu dem Motto des Songs. 

Fazit: Meine Skepsis war berechtigt, da mich bei weitem nicht alle Songs überzeugen. Aber trotzdem muss ich zugeben, dass diesem Newcomer sicherlich eine längere Karriere bevorstehen wird, als so manch anderem aufgehenden und kurz darauf wieder verglühenden Stern am Nashville-Himmel. Das Album bekommt von mir 3 von 5 Sternen, da in Blaine Larsen sicherlich noch ein viel größeres Potenzial steckt, als er uns hier präsentiert hat.