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Pickin´ On Brad Paisley
Von Tobias Brockly

„Pickin´ on Brad Paisley“ beginnt mit „We danced“, das mir mit diesen knackigen Banjos und Dobros sogar fast noch besser gefällt als das Original. Und das will schon was heißen! Nicht ganz so überzeugen kann dagegen „Mud on the tires“, bei dem man sich sehr nah an der Originalversion orientiert hat. Aber eigentlich war das ja auch zu erwarten, denn wenn man sich den Song genau anhört, dann steckt darin von Natur aus schon eine ganze Menge Bluegrass-Feeling. Bei „I´m gonna miss her“ hat man irgendwie die Thematik der CD aus den Augen verloren. Bluegrass klingt meiner Meinung nach etwas anders. Das macht aber überhaupt nichts, denn es sorgt somit für ein wenig Abwechslung. Bei „He didn´t have to be“ ist es den Herren an den Instrumenten hervorragend gelungen, die Melodie herauszuarbeiten. Es ist fast so, als erstrahle der Song plötzlich in einem ganz neuen Licht.
Neben „We danced“ ist wohl die Überarbeitung von „Celebrity“ am besten gelungen. „Celebrity“ besticht ja ohnehin schon durch eine gehörige Portion Elan, aber hier wurde noch mal ein bisschen mehr Gas gegeben. „Exzellent!“, kann ich da nur sagen. Und das kommt aus dem Munde eines Bluegrass-Laien. „It never woulda worked out anyway“ überzeugt, wie auch schon in der Originalversion, mit seinem swingenden Drive. Bei „I wish you´d stay“ wurde der Abschiedsschmerz und die tiefe Traurigkeit operativ entfernt, und dafür eine optimistischere Atmosphäre implantiert. Anfangs dachte ich an so etwas wie „Respektlosigkeit gegenüber diesem Meisterwerk“, aber mittlerweile finde ich es nur noch nett. Ziemlich nett sogar. „That´s love“ ist im Grunde auch recht gut gelungen, wobei mir diese Fassung eigentlich zu wenig nach Blauem Gras riecht. Nett gemeint hat man es mit „Too country“, aber leider ist dieses Experiment gescheitert. Dieser Song wirkt halt nur, wenn die durchdringenden Worte der Herren Jones, Owens, Anderson und Paisley dabei sind. In dieser Instrumental-Version ist die Nummer aber einfach nur langweilig. Zum Schluss gibt es noch einen Song, der absolut nichts mit Brad Paisley zu tun hat. „Sittin´on the top of the world“ ist eine flotte Bluegrass-Hymne, wie es sie schon hundertmal gibt. Aus welchem Grunde dieser Song die Nummer 10 dieser CD belegt, bleibt wohl für immer ein ungeklärtes Phänomen.

Fazit: Wir haben es hier mit einem Experiment zu tun, das an den meisten Stellen geglückt, aber an anderen Stellen kläglich gescheitert ist. Es ist schon erstaunlich, wie anders die bekannten Songs plötzlich klingen, und wie sehr sich die Atmosphäre der Songs ändern kann, wenn man sie nur etwas anders arrangiert. Ich kann dieses Album jedem empfehlen, der Gefallen an der Musik von Brad Paisley findet. Es ist ein spannendes Ratespiel, wenn man die CD einfach so einlegt, ohne dabei auf die Titelliste zu schauen, und einfach mal versucht zu erraten, welcher Song denn da gerade läuft. Als zusätzlicher Schwierigkeitsgrad wurden die Songs ohne Gesang aufgenommen. Meine Wertung: 4 von 5 Sternen!

Pickin´ On Brad Paisley  (CMH-Records 8783, veröffentlicht am 4. 11. 2003)
We Danced - Mud On The Tires - I'm Gonna Miss Her - He Didn't Have To Be - Celebrity - It Never Woulda Worked Out Anyway - I Wish You'd Stay - That's Love - Too Country - Sittin' On Top Of  The World