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Don Gibson ist gestorben
Hauke Strübing erinnert sich

Allmählich ist sein Name in Vergessenheit geraten. Es gab keine neuen Aufnahmen mehr, auch keine Platten respektive CDs, und man hörte nichts mehr von ihm. Meine bleibende Erinnerung an Don Gibson: Beim ersten International Festival Of Country Festival in Frankfurt stand er am 21. April 1979 in der Festhalle auf der Bühne, alle warteten auf einen seiner Superhits. Doch bevor er anhub zum Vortrag, nahm er seinen Kaugummi aus dem Mund und klebte ihn auf den Steg seiner Gitarre. Und dann ging´s los: „Oh Lonesome Me“, „I Can´t Stop Loving You”, "Blue Blue Day", “Sea Of Heartbreak”.

Mit dem Namen von Don Gibson verbinden sich die ersten Eindrücke des "Nashville Sounds", mit dem einige Produzenten in Nashville die Country Music 1957/1958 aus ihrer Lethargie herauslösen wollten. Und es auch taten. Don Gibson war einer der wichtigen Protagonisten auf der Sängerseite, Chet Atkins einer der Macher. Unter anderem mit „Oh Lonesome Me“ startete Nashville in eine neue Ära.

Don Gibson war nicht nur Sänger, in erster Linie auch Songwriter. Seine Lieder wurden von 150plus Künstlern gesungen. Zu den bekanntesten zählte Ray Charles Version von „I Can´t Stop Loving You“. Sein meist interpretiertes Lied heißt "Sweet Dreams". Er selbst sang es - mehrmals. Faron Young begeisterte uns Ende der 50er Jahre via AFN mit seiner umwerfenden Version. Und so um die 20 Jahre später jagte mal wieder jemand einer Country-Gemeinde einen furchtbaren Schrecken ein mit einer Instrumentalfassung dieser "süßen Träume". Ein Meisterwerk von ROY BUCHANAN, der nie zu den großen Gitarristen des Rock zählte, aber er "gehörte immer zu den Geheimtips und war sozusagen in aller Stille stilbildend - er hat den Blues, den Rock, den Country-Rock und die Country-Western-Music stark beeinflußt. Er war der Wegbereiter der Gruppe THE BAND" (Stuttgarter Zeitung vom 17.8.1988).

Mit der Single RCA 7133 „Oh Lonesome Me/I Can´t Stop Loving You” landete der am 3. April 1928 in Shelby, North Carolina geborene Don Gibson im Frühjahr 1958 seinen ersten Nummer-1-Hit. Ein Glücksfall für ihn und die Country Music schlechthin. "Oh Lonesome Me" - was aber auch für ein Titel. Kann man den überhaupt übersetzen? Schlecht, denn "Oh Lonesome Me" war zu Beginn ein Hörfehler, ein Übertragungsfehler. Don Gibson komponierte das Lied wie andere auch auf sein Tonbandgerät. Das Band sandte er an seinen Musikverlag, und dort hörte man statt "Ole Lonesome Me" eben "Oh Lonesome Me"heraus. "Ole Lonesome Me" macht wörtlich einen Sinn, "Oh Lonesome Me" nicht. Und als "Oh Lonesome Me" ging das Lied in die Musikgeschichte ein.

„Blue Blue Day/Too Soon To Know“ (RCA 7010) folgte im Juni 1958 auf dem Fuße. Andere Don Gibson-Standards, die in Erinnerung blieben: Give Myself A Party/Look Who´s Blue/Who Cares/Lonesome Old House/Don´t Tell Me Your Troubles/Just One Time/Far, Far Away/What About Me/Sea Of Heartbreak/Lonesome Number One. Alles Aufnahmen, die uns AFN-Hörer damals aus den Federn jagten, morgens in aller Herrgottfrühe, Lieder voller Dynamik und Melodien. Dabei war seine Musik nicht unumstritten, denn was Don Gibson brachte, klang nun alles andere als betulich-country, wie wir das aus früheren Zeiten kannten. Seine Musik war eine Mischung aus Rockabilly und Country, extrem rhythmisch betont, was den Country-Puristen und den alten Stil-Verbundenen das kalte Grausen über den Rücken jagte. Fragte mich der große Chuck Steiner im Frühjahr 1961einmal, als die Aufnahme „Far, Far Away“ ständig aus dem AFN-Äther tönte: Ob ich denn das noch als Country Music akzeptieren würde?! Wenn Sie sich „Far, Far Away“ heute zu Gemüte ziehen, dann verstehen sie sicherlich nicht mehr die Aufregung, die Don Gibson damals vor nun 40 Jahre auslöste. Ich fand die Aufnahme übrigens damals gut und höre sie nach wie vor sehr, sehr gern.

Don Gibson ist am 17. November 2003 75jährig in Nashville gestorben.