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Hank Williams - zum 50. Todestag
Erinnerungen. Von Hauke Strübing

Nur die (sehr) Älteren unter uns erlebten ihn noch. Vom Hörensagen zumeist. Als Hank Williams am 1. Januar 1953 im Fond seines Autos starb, waren wir Pennäler, die damals froh waren, wenn wir in die Nachmittagsvorstellung eines Kinos kamen - für 35 Pfennige. Das Fernsehen war gerade mal einige Wochen alt. Am modernen UKW-Empfänger hatte der Haushaltsvorstand alle Rechte - und wehe am Abend war die Sendermarkierung verstellt. Also hörten wir Rudi Schuricke mit "Frauen und Wein", Friedel Hensch und die Cyprys mit dem umwerfenden "Tango-Max" und mit "Egon", und den "Blue Tango" intonierte das Orchester Willy Berking. Wenn Bruce Low seinen "Banjo-Benny" sang, dann hatten wir längst noch keine Ahnungen vom Banjo - das klang eben nach Bäänjo. Nach mehr nicht. Und "Jambalaya"? Ist nur gut, daß Hank Williams nie gehört hat, wie sein Lied auf den Hund gekommen ist, äh...ich will sagen: nach Peru gekommen ist. Erst nach und nach kamen die ersten Kontakte mit der Country Music zustande - manchmal eben auf die originellste Art. Und als wir dann hineinwuchsen in das neue, unbekannte Genre Country Music, da war das Kapitel Hank Williams bereits abgeschlossen. Und wen es dann gepackt hatte, den brachte sogar Elvis nicht mehr aus dem Gleichgewicht. Sie wissen, das war der, über dessen Musik unsere Altvorderen die Fassung verloren und unbeherrscht im Unverstand  riefen: "Mach´ endlich diese Negermusik aus!" Irgendwie waren die Rufer damals doch schon genial: Obwohl sie ihn überhaupt nicht kannten, den Elvis, ihn möglicherweise per Bild noch nie zu Gesicht bekommen hatten, erkannten sie aber dennoch seine Qualitäten: Daß er nämlich als Weißer wie ein Schwarzer sang, den Blues in die Pop Music brachte. Und darin ähnelte Elvis dem früh vollendeten Hank Williams. Doch dessen Stimme drang Ende der 40er, Anfang der 50er Jahre noch nicht so pointiert in das Bewußtsein unserer Eltern, die sicherlich auch noch ganz andere Sorgen hatten, als sich "Move It On Over" zu Gemüte zu ziehen.

Wir, die wir damals in die Country Music hineinwuchsen, erlebten die Musik von Hank Williams schon in der Vergangenheit. Alles, was wir über ihn erfuhren, war Vergangenheit. Und erzählt wurde viel: Daß er gerade mal 29 Jahre alt geworden ist, daß er als erster wegen seiner Sauferei wohl hochkant aus der Grand Ole Opry rausgeflogen ist, daß er einen bewegten Lebenswandel geführt hatte. Aber es war ja seine Musik, die so einmalig schön klang (und heute noch ebenso klingt). Immer wieder wurden seine Lieder im AFN gespielt, im "Hillbilly Gasthaus", in "Stickbuddy Jamboree" -  aber nur da, denn der deutsche Rundfunk war sich schon damals zu schade für derlei Dinge. Ich hatte Anfang der 60er Jahre einmal an den Hessischen Rundfunk geschrieben, warum man keine Country Music im HR hören könne. Wie ich eigentlich darauf käme, solche unsolide Frage zu stellen - so kam mir die Antwort damals vor: natürlich würde man auf keinen Fall AFN nachäffen, hieß die Botschaft. Und tat es Jahre später dann doch, als man die Moderatoren genauso vor zwei Plattenteller stellte, wie es AFN eben schon früher tat. Allerdings spielte man auch stehend keine Country Music im deutschen Rundfunk.

Doch nun muß ich der Ehre halber das Bild ins richtige Licht rücken. In späteren Jahren brachte der Hessische Rundfunk seine Country Sendungen mit Werner Reinke und im wöchentlichen Wechsel mit Bernd Schröder, was mein Country-Leben dann auch entscheidend beeinflußte. Werner Reinke lud in lockerer Folge Country-Willige zu sich ins HR-Studio ein. Und einer dieser Menschen, die ihren ganzen Mut zusammennahmen, das war der Verfasser dieser Zeilen. Am 7. November 1972 passierte das. Und keine 2 Monate später schrieb ich schon mein erstes Manuskript für eine Country-Sendung, für die Sendung am 9. Januar 1973, ebenfalls im Hessischen Rundfunk in Frankfurt. Das Thema: Der 20. Todestag von Hank Williams. Irgendwie spielte die Erinnerung an Hank Williams immer schon und immer wieder eine Rolle "in meinem Country-Leben". Nachdem ich gemeinsam mit AFN-Disc-Jockey Jim Carter im Dezember 1962 das erste Heft der EUROPEAN HAYRIDE aus der Taufe gehoben hatte, stand in der 2. Ausgabe im Januar 1963 ein allerdings kleiner, nur als Nachruf gedachter Beitrag im redaktionellen Teil - irgendwie fehlte mir damals wohl noch der Gesamtüberblick über das Wirken von Hank Williams:

"Am 1. Januar 1962 jährt sich zum 10. Mal der Todestag von Hank Williams. Am 17. September 1923 geboren - ging er zu früh von uns. Wir verloren in ihm den größten Textdichter und Liedkomponisten der Country & Western Music. Was uns blieb, ist die Erinnerung an seine unvergeßliche Art, an seine unvergeßlichen Melodien. Hank Williams lebt für uns weiter in seinen Aufnahmen, die ihm zu seinen Lebzeiten und nach seinem Tode am 1. Januar 1953 zu unsterblichem Ruhm verhalfen."

Das war dann das. Und dann hatten wir - wie gesagt - den 9. Januar 1973. Für diesen Tag hatte ich für Werner Reinke ein Manuskript für eine knapp halbstündige Sendung vorbereitet mit der dazu passenden Musik. Einfach genial wie er den Text vortrug, ohne ihn vorher auch nur einmal gelesen zu haben, erinnere ich mich. Er moderierte, ich bereitete ihm die entsprechende Musik (von Schallplatten noch) vor und geriet nur einmal in höchste Panik, als zwei Textpassagen durcheinandergerieten. Das hätten Sie mal erleben sollen: Während er noch moderierte und ich aufgeregt mit den Händen fuchtelte, regelte der Profi die Angelegenheit, und alles war wieder im Lot. Niemand merkte den Faux-pas. Wenn ich mir heute das Band anhöre, rätsel ich selbst, an welcher Stelle es eigentlich passierte. Das sind so die kleinen Augenblicke, die einem ein Leben lang in den Knochen stecken und in Erinnerung bleiben. Es war dann diese Hank Williams-Sendung, auf die ich mich berufen konnte, als ich selbst anfing Country-Sendungen zu moderieren: Zunächst von 1975 bis 1981 beim damaligen Süddeutschen Rundfunk in Stuttgart und später von 1987 bis 1995 bei Radio Regional in Heilbronn. Und ebenfalls 1973 begann meine Arbeit bei COUNTRY CORNER. Im Oktober 1973 veröffentlichte ich besagtes Manuskript ein weiteres Mal in COUNTRY CORNER. Am 2. März 1978 gab´s dann im Südfunk "meine eigene" Sendung anläßlich des 25. Todestagesvon Hank Williams. Ja, und jetzt 30 Jahre später zu Beginn meiner Internet-Arbeit ist selbiges Manuskript Grundlage des Beitrags anläßlich des 50. Todestages von Hank Williams in "Crying - Crying about you - Crying not to cry", der ab dem 1. Januar 2003 nachzulesen ist.

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Crying - Crying about you - Crying not to cry: Hank Williams - zum 50. Todestag
Eine Diskographie seiner frühen Langspielplatten (mit den Original-Aufnahmen)
Eine Diskographie seiner MGM 45 RPM Extended Play Albums
Hank Williams - zum 50. Todestag: Die Tribute Songs (eine Auswahl)
THE COMPLETE HANK WILLIAMS: 10 CD Deluxe Box Set - 225 Aufnahmen - 53 bislang unveröffentlicht
Eine Diskographie seiner Sterling- und MGM-78er Schelllack-Platten sowie MGM-Singles