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Kid Rock und Sheryl Crow - zwei neue Country Stars...
...will uns das US-Country-Radio weismachen
Eine Betrachtung zur neuesten Entwicklung der Country Music von Hauke Strübing

Die Country Music – sie kennt doch keine Grenzen. Der Country Music Industrie sind derzeit alle Mittel recht, die Fans der Country Music in tiefe Resignation zu stürzen. Neuestes Beispiel: die Aufnahme „Picture“. Ein liebes Lied, zugegeben. Doch wenn ich daran denke, dass das offizielle Nashville vor noch nicht einmal allzu langer Zeit die sogenannten „drinking songs“ auf die schwarze Liste setzte, weil sie angeblich das Image der Country Music beschädigen, dann müßte bei „Picture“ in diesen Kreisen die Hölle losbrechen. Tut es das? Mitnichten. Aber lassen wir mal den Liedinhalt beiseite. Viel interessanter sind die Interpreten dieser – zugegeben – lieben Aufnahme: Sheryl Crow und Kid Rock. Die zwei Superstars der Country Music werden es nun fertigbringen, die Country Music auch bei uns hoffähig zu machen und alle anderen Bemühungen der letzten 30 bis 40 Jahre in Vergessenheit geraten lassen. Meine Güte bin ich froh, dass diese Musik endlich auch bei uns den großen Durchbruch erlebt. Sheryl Crow sei es gedankt und Kid Rock auch. Da sieht doch das „Blau-rot-grün“ der Country-Kanadierin mit Sitz in der Schweiz bestenfalls nur noch blassblau-blassrot-blassgrün aus.

Und wie die Aufnahme „Picture“ doch flutscht in den USA und auch hier bei uns im Radio: Sie klingt eben gar zu lieblich, diese Melodie, die mich irgendwie an frühe deutsche Schlagermusik erinnert – ach ja, und irgendwelches Country-Potential hat sie ja auch noch. Ganz gewiß. Da täusche ich mich nicht. Das amerikanische Country Radio hat sich „Picture“ voll und ganz angenommen. In Los Angeles , wo es allerdings bestenfalls noch Soft-Rock-Stationen gibt, hat das einstige Country-Flagg-schiff KZAL seine Hörer sogar einen ganzen Tag lang raten lassen, wer denn „Picture“ nun überhaupt singt. Ob die überwiegend spanisch sprechende Bevölkerung wohl auf die Idee kam, Sheryl Crow als Interpretin zu erkennen? Ob die Country-Sesshaften je die Sängerin Sheryl Crow als eine der ihren erkannten? Doch nun haben wir sie in unseren Reihen – dank dieser lieblichen Melodie. Und wer es mir immer noch nicht glaubt: Ich meine das im Ernst mit dieser „lieblichen Melodie“!

Ich höre an Music Row inzwischen die Sektkorken knallen über diesen eigentlich unverhofften und auch so späten Erfolg: 29 Wochen steht „Picture“ Ende April nämlich schon in den Country-Hitparaden – in zwei Versionen sogar: Kid Rock mit Sheryl Crow und Kid Rock mit Allison Moorer. Was anfangs vielleicht als nicht unbedingt guter Witz in Country Kreisen aufgefaßt wurde, entpuppt sich nun als Riesenhit. Das Country-Radio in den USA hat zugeschlagen, demnächst wird „Picture“ auf Platz 1 der Country Charts stehen, im Herbst erhalten Kid Rock und Sheryl Crow und/oder Kid und Allison Moorer mindestens mal einen CMA-Award, das muß wohl sein. Und wir in Deutschland sind hinsichtlich Country Music keinen Schritt weiter gekommen, weil sich die Tapferen unter uns gegen eine neue Front von Dreimalklugen und Besserwissern mit Kurzzeit-Erfahrung wehren müssen, die da behaupten, auch Sheryl Crow sei eine Country Künstlerin. Und Kid Rock ein Country Künstler. Und ich frage mich, wer nun wem eigentlich mehr hilft: Cheryl Crow und Kid Rock der Country Music oder Sheryl Crow und Kid Rock sich selbst.