Uhr

Nashville 2003 (2)
Bell Buckle - das ursprüngliche Amerika
Mit Country Music natürlich. Von Hauke Strübing

Es gibt die großen Arenen - da erkennt man die Stars auf der Bühne mit dem Feldstecher. Dann gibt es die großen und kleinen und noch kleineren Musikhallen: Wenn man einen guten Platz erwischt hat, kann man einigermaßen vernünftige bis gute Fotos machen - wenn die Security oder die Platzanweiserinnen nicht allzu konsequent sind. Und direkt sehen kann man auch gut, hören noch besser. Unschlagbar allerdings sind die kleinsten Einrichtungen, in denen die Bühne und der "Zuschauerraum" miteinander verschmelzen, wo Sänger und Zuhörer auf einer Ebene eins sind, wo man den Atem der Musik verspürt. Wenn Sie dies erleben wollen, wenn Sie gerade in Tennessee sind, dann fahren Sie nach Bell Buckle. Denn Bell Buckle ist ein Erlebnis schlechthin.

Der "Ortskern" von Bell Buckle, Tennessee. Aufnahme: Florian Agreiter

Ein guter Freund hatte mir noch Sekunden vor dem Abflug ins gelobte Country-Land diesen Tipp gegeben: Fahr nach Bell Buckle, hier erlebst Du das wirkliche Amerika, das unberührte Amerika, hier erlebst Du die ursprüngliche Country Music fernab des großen Betriebes. Genau das war es, was ich suchte! Als ich am 5. April 2002 im Ryman zum Gedenken an einen großen Moment vor damals 50 Jahren per CD-Player das Lied "The Old Country Church" mit Hank Williams und Little Jimmy Dickens laut abspielte, gab mir ein Ryman-Bediensteter schon einmal einen guten Tipp: Irgendwo nördlich von Nashville gibt es samstags in einem General Store Bluegrass und Oldtime Music. Damals verpasste ich die Gelegenheit. Doch diesmal stand Bell Buckle ganz am Anfang meiner Erlebnisliste: Donnerstags das letzte Bluegrass-Concert in diesem Jahr mit Marty Stuart und Überraschungsgast Josh Graves im Ryman Auditorium - und samstags ab in die tiefe Landschaft.

Allein die Fahrt (zunächst auf der Interstate 24 ca. 30 Meilen RWo lang nun? Schilderparade im "Ortskern" von Bell Buckle, Tennessee. Aufnahme: Hauke Strübingichtung Chattanooga bis Murfreesboro) auf der Highway 231 durch eine wunderschöne und photogene Landschaft ist ein Erlebnis. Doch nach 16 Meilen fängt das Erlebnis erst richtig an: Auf der Highway 82 geht´s ab über Stock und Stein und über Hügel und durch Täler durch eine anscheinend vergessene Landschaft: America the beautiful! Und unvermittelt sind wir am Ziel. Eine Bahnlinie quer durch den Ort, und direkt daneben Bell Buckle´s Railroad Square. Ich hatte mir noch in letzter Minute einige Infos aus dem Internet über Bell Buckle geholt und hatte noch genau das "Luftbild" vom Railroad Square in Erinnerung. Was ich erwartete, war ein geballtes Orts-Zentrum, was ich dann sah, war ein niedlicher kleiner Square mit so um die 10 Shops und um die Ecke noch einige weitere. That´s it, my good friend. Das ist Bell Buckle in Tennessee. Genauso wie ich mir das ursprüngliche Amerika vorstelle. Herrlich.

Doch halt, eins habe ich übersehen: Gegenüber den Antique Malls (Mall, was für ein großes Wort für diesen Ort!), gegenüber der Livery Stable Antique Mall, der Bell Buckle Antique Mall, dem Phillips General Store, dem Bluebird Antiques & Ice Cream Parlour (klasse "hand-dipped ice cream!), den Blue Ribbon Antiques, den Buckle Antiques, dem Bell Buckle Country Store und Cat´s Meow Embroidery And Gifts, dort steht (auf den ersten Blick) ein alter Schuppen, der aber gar kein Schuppen ist sondern das Museum der Louvin Brothers. Allerdings muß man Glück haben: Nur wenn Charlie Louvin in der Opry auftritt, hat man die Chance, das Museum zu besichtigen. Diesmal sollte es nicht sein. Aber wer weiß.

Das Louvin Brothers-Museum in Bell Buckle, Tennessee. Bild: Hauke Strübing

Nach dieser kleinen touristischen Betrachtung eines von der Gegenwart unberührten Ortes ging es dann ans Eingemachte. Hier in Bell Buckle befindet sich nämlich das Bell Buckle Café, unser eigentliches Ziel. Von 13 bis 15 Uhr findet im Café & Music Parlor die "J. Gregry Jamboree-Radio-Show" statt, die vom Radiosender WLIJ, 1580 AM, Shelbyville, TN, jeden Samstag live übertragen wird. Das müssen wir mitmachen, das haben wir mitgemacht, und das lief dann so ab. Während des Mittagessens spielte eine Country-Band ürsprüngliche Country Music vom Urigsten, irgendwo an der Wand leuchtete während der Links: Das Bell Buckle Café in Bell Buckle, Tennessee. Aufnahme: Hauke Strübing2 Stunden die rote Lampe "On Air", in lockerer Athmosphäre kamen nach und nach weitere Musiker auf die Bühne, die eigentlich gar keine ist sondern nur das Ende des Gaststättenraum. Man unterhielt sich, wurde gefragt, warum man eigentlich nach Nashville ginge: Denn hier, Freunde, hier in Bell Buckle spielt die Country Music!! (Muß wohl so sein, denn in der Opry Mills war ein Hinweis auf Bell Buckle auch nicht zu übersehen - gerademal einen Steinwurf entfernt von der Opry). Hank Sasaki gesellte sich zu uns an unseren Tisch und berichtete stolz, dass er doch erst kürzlich beim Berliner Country Festival aufgetreten sei. Es war wie gesagt eine herrliche Athmosphäre, jeder sprach mit jedem und zu guterletzt besorgten wir uns dann noch ein Bell Buckle-T-Shirt, das wir bestimmt im nächsten April in Bühl beim 2. Bluegrass-Festival tragen werden. Das hat schon einen Grund. Ihr werdet schon sehen, Freunde!

Ein gelunger Auftakt unseres Erlebnisurlaubs war dieses Bell Buckle - und der Beginn einer nimmer endenwollenden Fotoserie. Einige der schönsten Bilder aus dem "tiefen Amerika" finden Sie auf dieser Seite. Andere folgen. Und Sie sollten sich darauf einrichten, dass ich außer der Country Music noch etwas andere über die Maßen liebe: die amerikanischen Straßen.

     Country-Konzert im Bell Buckle Café, Bell Buckle, Tennessee, während der Live-Übertragung am 26. Juli 2003. Aufnahme: Florian Agreiter Country-Konzert im Bell Buckle Café, Bell Buckle, Tennessee, während der Live-Übertragung am 26. Juli 2003. Aufnahme: Florian Agreiter Country-Konzert im Bell Buckle Café, Bell Buckle, Tennessee, während der Live-Übertragung am 26. Juli 2003. Aufnahme: Florian Agreiter