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39. Pfingstfestival in Neusüdende
Bericht und Bilder von Friedrich Hog

Am Pfingstsamstag und Pfingstsonntag 2004 war bei Klaus Grotelüschen wieder das zweitägige Pfingstfestival angesagt, das mit sechs hervorragenden Bands der großen Zahl an Besuchern ein in jeder Hinsicht vergnügliches Wochenende beschert hat. Sogar der Wettergott spielte mit, sonnig, leicht windig, angenehm warm, nur im Saal sehr warm.

Der Lindenhof in Neusüdende war wie immer Austragungsort des Festivals, das am Pfingstsamstag um 11 Uhr mit der Plattenbörse eröffnet wurde. Musikalisch ging’s um 16 Uhr los, die holländische Band Savannah machte den Anfang. Dieser war äußerst gut gelungen, zunächst „I Still Miss Someone“ und „Blue Moon Of Kentucky“ im Sitzen, intensiv und schön, z.T. vierstimmiger Gesang. Jost van Es komplettierte an der Fiddle die Formation, die ab dem vierten Lied E-Gitarre, Schlagzeug und Keyboard hinzu addierte. Von „Leaving On A Jetplane“ bis „Hello Trouble“ reichte das Repertoire, sehr ansprechend dargeboten.

Die Chow Dogs haben inzwischen in der entsprechenden Formation gut zusammengefunden. Sie setzten das Konzert mit Bluegrass fort, wobei Titel aus dem Country ebenso Platz fanden wie Eigenkompositionen. Die dunkle Stimme von Dallas Wayne setzte, ebenso wie auf der inzwischen vorliegenden ersten CD „Not The Same“ Akzente. „Have You Ever Seen The Rain“ gehörte z.B. zum Repertoire. Vier sehr gute Individualisten haben hier zusammengefunden, mehrstimmiger Gesang war häufiger vertreten als früher. Neben den Chow Dogs hat Greg Cahill übrigens weiterhin seine Bluegrass-Band „Special Consensus“.

Mit größter Spannung hatte ich aufgrund der guten von ihm vorgelegten CD’s den Auftritt von Billy Yates erwartet. Billy trat in seinem ersten Set solo auf, nur von seiner akustischen Gitarre begleitet. Er hat eine wunderbare Baritonstimme und eine total natürliche freundliche Art und war sichtlich mit großem Vergnügen auf der Bühne aktiv. Das ist der Typ, der das Zeug zum ganz großen Star hat, wobei er mit seiner traditionellen Musik in den vergangenen Jahren seiner Zeit etwas voraus war, Billy Yates in Neusüdende beim 39. Pfingstfestival. Bild: Friedrich Hogjetzt aber durchaus Chancen haben dürfte, da man die Cross-Over-Künstler nicht mehr so sehr gerne im amerikanischen Country-Radio spielt. „Daddy’s Radio“ beschreibt die Geschichte des Jungen, der über das Radio seines Vaters Lebensfreude genießt, auch noch im Zeitalter der Hifi-Anlagen. Von Merle Haggard brachte Billy „The Way I Am“. Die meisten Songs zauberte Billy Yates aus seinem eigenen Fundus hervor, er trug sie mit leuchtenden Augen vor und berührte die Zuhörer mit seinem Vortrag. 1987 war er aus Missouri nach Nashville gekommen, inzwischen gehört er zu den profiliertesten Songschreibern in Music City USA. Der Auftritt von Billy Yates war für mich der Höhepunkt des Festivals, wobei jede Formation überzeugt hat.

Nach der Pause setzten die Chow Dogs u.a. mit herrlichem Swing und Jost van Es als Twin-Fiddle-Gast die Veranstaltung fort. Savannah spielten sodann einen zweiten eigenen Set, u.a. mit einigen älteren Don-Williams-Covers und begleiteten sodann Billy Yates im Abschluss-Set. Da gab es von Lefty Frizzell „I Never Go Around Mirrors“ zu hören und die Eigenkomposition „I Don’t Need Your Rockin‘ Chair“, die in der Fassung von George Jones zum Top-40-Hit wurde.

Ein durchweg sehr gelungener Festival-Tag in Neusüdende ging nach einigen Zugaben zu Ende und wir mit großer Zufriedenheit in die wohl verdienten Federn, schließlich sind wir in der Nacht sechs Stunden unterwegs gewesen, um nichts zu verpassen. Die COUNTRY & WESTERN FRIENDS KÖTZ waren einmal mehr mit mehr als 10 % ihrer Mitglieder anwesend, wobei man zu unterschiedlichen Zeiten und aus unterschiedlichen Richtungen angereist war, aber das Treffen bei Klaus hat immer einen hohen Stellenwert.

Was am Samstag auf bestem Niveau begonnen hatte, wurde am Sonntag auf selbigem fortgesetzt. Die Thompson Brothers fingen gegen viertel nach 2 an, die Brüder kreieren den Sound einer Vier-Die Thompson Brothers in Neusüdende beim 39. Pfingstfestival. Bild: Friedrich HogMann-Band, Matt und Andy sind perfekt in ihrem instrumentellen und gesanglichen Vortrag, akustische und elektrische Gitarre im Wechsel einerseits, Schlagzeug und E-Bass gleichzeitig andererseits. An den Brüdern schieden sich insoweit die Geister, als einige Zuhörer mit der treffenden Bemerkung, das sei kein Country, den Saal verließen, aber durch viel mehr Zuhörer ersetzt wurden, die an der Energie und der Virtuosität der Musik ihre Freude hatten. Rock- und Country mischen sich mit etwas Funk zu einer mitreißenden Americana-Performance. Das akustisch gespielte „Sound Track Of The Summer“ war für mich das schönste Lied.

Mike Stevens und Raymond McLain kennt man schon seit vielen Jahren auf allen Bühnen, die beiden trafen sich 1989 auf der Bühne der Grand Ole Opry in Nashville erstmals. Raymond war in der Band von Jim & Jesse, Roy Acuff bat die Formation, einen Mundharmonikaspieler aus Ontario, Kanada beim „Orange Blossom Special“ zu begleiten. Mike war so gut, dass er zum Liebling von Raymond McLain in Neusüdende beim 39. Pfingstfestival. Bild: Friedrich HogRoy Acuff und künftigen Duettpartner von Raymond wurde. Raymond beherrscht Fiddle, Mandoline, Banjo, Gesang. Raymond & Mike bildeten einen Gegensatz zu den Thompson Brothers, diese Vielfalt zeichnet das Festival in Neusüdende aber aus. Raymond McLain und Mike Stevens griffen tief in die Oldtime-Kiste und zauberten ein schönes Stück nach dem anderen mit scheinbarer Leichtigkeit auf die Bühne, dass es eine wahre Freude war, zuzusehen und zuzuhören. Im Hinblick auf die Virtuosität waren zu den Thompson Brothers keine Unterschiede erkennbar, höchstes Niveau bei beiden Vorträgen. Beide Sätze endeten mit Zugaben schon im ersten Durchgang!

Valerie Smith & Liberty Pike folgten und überzeugten. Endlich, nach drei oder vier Jahren des Experimentierens ist es Valerie gelungen, eine Band zusammen zu stellen, die optimal funktioniert und ihre musikalischen Vorstellungen umsetzen kann. Mit Becky Buller, einer Studentin von Raymond McLain an der Fiddle, war nur eine bisherige Musikerin verblieben. Drei junge Leute komplettieren nun seit rund zwei Jahren die Band, John Wesley Lee spielt die Mandoline, er hat Chris Thile von Nickel Creek sehr genau studiert und gibt der Band einen Hauch des Nickel-Creek-Sounds, wenn auch etwas weniger progressiv als dort. Schön war das Instrumental, das John anlässlich seines ersten Auftritts in Deutschland vor zwei Jahren komponiert hatte. Der Auftritt fand im Schüttekeller in Bühl, Baden statt, einem großen Weinkeller, die Deutschen müssen Weinliebhaber sein. Der „Sawmill Man“ klang nach gewohnter Valerie. Bei „Greener Pastures“ erklang mehrstimmiger Satzgesang, aber jeder der Musiker konnte auch solistisch überzeugen, wobei Jessica Lee, die siebzehnjährige Schwester von John Wesley Lee, sich auf das Zupfen des Basses beschränkte. Becky Buller aus St. James, Missouri hingegen erwies sich als brillante Sängerin mit glasklarer Stimme, sie arbeitet derzeit an einer Solo-CD. Thilo Hain von Sacred Sounds Of Grass gesellte sich für zwei Stücke am Banjo hinzu.

Der Auftritt war durch die große Pause unterbrochen, im Anschluss folgten Raymond McLain und Mike Stevens nochmals, bevor die Thompson Brothers die Abschlussvorstellung gaben. „The Boxer“ von Simon & Garfunkel, Zugaben ohne Ende bis 20.45 Uhr, beste Stimmung, so klang das Festival aus. Schon jetzt freut sich Klaus Grotelüschen auf Sonntag, den 15. August. Ab 14 Uhr wird die komplette Lisa O’Kane Band auftreten und für das Herbstfestival hat sich Bill Clifton angesagt. See you in Neusüdende.