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Country aktuell: Die Soundtrack-CD ist aus der Country Album Hitparade verschwunden
O Brother, Where Art Thou?
Wirklich verschwunden? Das fragt Hauke Strübing

Oh, meine Güte, wo ist sie geblieben, die "O Brother, Where Art Thou"-CD? Am 14. Dezember 2002 stand sie doch noch unter den Top 20 der "Top Country Albums" von Billboard. Eine Woche später war sie verschwunden. Ein tiefer Fall in die Bedeutungslosigkeit? Mitnichten!

Am 14. Dezember 2002 war es so weit! Der Soundtrack "O Brother, Where Art Thou?", der seit 104 Wochen so viel Bewegung in den Laden Nashville gebracht hatte (Oder doch nicht? Wer weiß!), verabschiedete sich aus Billboards "Top Country Albums"-Zusammenstellung. Daß es so weit kam, das liegt allein an Billboard selbst - und zwar an den von Billboard aufgestellten eigenen Regeln. Es bedeutet allerdings nicht, daß die CD von jetzt auf plötzlich an Attraktivität verloren hat. Über 6 Millionen Exemplare des Soundtracks mit Musik, die das US-Country-Radio bis zum Umfallen verpönt und gemieden hat, sind inzwischen verkauft. Wie es scheint zum Trotz! Über 30 Wochen stand der Soundtrack schon im April 2002 auf Platz 1 der Album Charts. Als sie dann am 14. Dezember 2002 letztmals in der "großen" Hitparade gesichtet wurde, machten wir sie auf Platz 15 aus. Wie gesagt, die Billboard-Regeln sorgten dafür, daß "O Brother" danach aus der "großen" Hitparade verschwand, um dann aber eine Woche später wieder in Billboards "Top Country Catalog Albums" aufzutauchen. Die Regeln, wie gesagt!

Hier bei den "Top Country Catalog Albums" hat "O Brother, Where Art Thou" nun die Chance, eine ganze Generation zu überleben. Wie das, fragen Sie sich? Ganz einfach. Denken Sie nur an Patsy Cline´s "Greatest Hits"-Album, das später zur CD mutierte und sage und schreibe 700plus Wochen in der Katalog-Hitparade notiert wurde. Was ganz locker gerechnet zwischen 11 und 12 Jahre sind. Von diesen Verkaufsbestsellern gibt es derzeit noch einige andere mehr:

Bereits am 22. und 23. März dieses Jahres hatte ich mir in meinem stillen Kämmerchen meine Gedanken über "O Brother, Where Art Thou?", über die Erfolgsstory von "O Brother, Where Art Thou?" gemacht. Damals verfaßte ich diesen Artikel:

"Jetzt ist es dann so weit: Nachdem die Soundtrack-CD "0 Brother, Where Art Thou?" alle Fesseln sprengt, alle musikalischen Grenzen überschreitet, allein in den USA über 5 Millionen Exemplare über die Ladentheken gingen, müssen wir uns einmal ernsthaft Gedanken über die Musik machen, die hier zu hören ist. Alle Welt jammert derzeit über den Umsatzeinbruch der Musikbranche. Bei uns gingen die Erlöse aus dem Verkauf von Tonträgern im Jahr 2001 um mehr als 10 Prozent zurück.Die Amerikaner jammern genauso laut: Die Umsätze der US-Musikbranche fielen sogar 12 Prozent. Einig sind sie sich alle und verkünden lautstark, daß das massenhafte Brennen von CDs und die Musikpiraterie im Internet an allem Schuld sei. Auf die naheliegende Idee indes, mal schlicht und einfach solche Musik zu produzieren, die beim Publikum ankommt, auf diese Idee kommt keiner. Respektive nur wenige. Die dann jedoch mit einem Riesenerfolg, wie uns das Soundtrack-Album "0 Brother, Where Art Thou?" inzwischen lehrt. Indes: Man soll sich nur mal überlegen, welche Musik wir in "0 Brother" hören. Wenn ich heute noch eine meiner verschiedenen Sendungen beim Südfunk (heute SWR), bei Radio Regional (Radio TON) oder bei RMB Waiblingen zusammenstellen und moderieren würde, und ich wählte Stücke aus "0 Brother" aus, man hätte mich wohl schon vor 5,10 oder 20 Jahren hochkant gefeuert! Denn "0 Brother" enthält die extremste Form der Country Music, die weit weit in die 30er und 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückführt. "O Brother" enthält Bluegrass Titel der Güteklasse "authentisch". "0 Brother" kommt mit Musik daher, die sicherlich zu genießen ist - aber bitte nur in Scheiben. Wir hören Musik, die von Künstlern der frühesten Stunde der Country Music geschaffen wurde: "Keep On The Sunny Side" von A. P. Carter, "In The Highways" von Maybelle Carter (spätere Schwiegermutter von Johnny Cash), "In The Jailhouse Now" von Jimmie Rodgers, "You Are My Sunshine" von Jimmie Davis (späterer Gouverneur von Louisiana, der vor einigen Jahren über lOOjährig starb). Und dann ist da dieses Liedchen "I Am A Man Of Constant Sorrow", eine Aufnahme in bester Bluegrass-Tradition: 2001 "Country-Single Of The Year" (Dan Tyminski). Man stelle sich bitte vor: Die Country - Welt kürt im Jahr 2001 eine Single mit einer Bluegrass-Aufnahme zur Country-Single des Jahres! Eine uralte Volksweise, die Carter Stanley ursprünglich in dieser Form arrangiert hatte. Wozu man nun auch noch wissen sollte, daß Carter Stanley bereits am 1. Dezember 1966 gestorben ist. Carter Stanley war der Bruder von Ralph Stanley, der - 75jährig - als Bluegrass-Künstler der reinsten Kultur Ende Februar zu höchsten Ehren kam, als der Soundtrack "0 Brother, Where Art Thou" den Prestige-Grammy für das beste Album erhielt!! Mal ganz zu schweigen von der Auszeichnung "Bestes Country Album 2001" im November 2001.

Der Erfolg dieses Soundtracks tritt schlicht und einfach den Beweis an, daß in der Musikbranche, speziell in der Country Music etwas furchtbar falsch läuft. Schließlich bricht diese CD Ende März 2002 auch die Vorstellungswelt eines Country-Menschen, der gleichwohl Anhänger der alten wie auch der neueren Linie der Country Music schon immer war und noch ist. Am 23. März 2002 zieht BILLBOARD für "0 Brother, Where Art Thou?" in seinen Hitparaden folgende Bilanz:

Und zum Schluß noch dieser Hinweis: Die Aufnahme "I 'm A Man Of Constant Sorrow" ist kein ganz unbekannter Titel. Die älteste Version stammt bereits vom 3. November 1950 und erschien 1951 auf der 78er-Schellackplatte Columbia 20816. Gespielt und gesungen wird sie von den Stanley Brothers, eben von jenem Carter Stanley, der das Lied schrieb/arrangierte, und von seinem Bruder Ralph Stanley, der als 75jähriger die späten Ehren für eine frühe Komposition entgegennehmen konnte. Eine weitere Version von "I Am A Man Of Constant Sorrow" singt Waylon Jennings. Die Aufnahme entstand am 18. März 1965 in Nashville und wurde auf der LP RCA LPM/LSP 3523 "Folk Country" (Waylon Jennings 1. RCA-LP) veröffentlicht.

Der Soundtrack "O BROTHER, WHERE ART THOU?" hat der US-Musikbranche und speziell der Country Music gezeigt, wie einfach es sein kann, den Rest der Welt mal kurz auszuhebeln. Ob einem die Musik nun gefällt oder nicht. Aber vielen muß sie wohl gefallen. Der Album-Grammy 2002, dieser Prestige-Grammy, ist die Kaiserkrone für ein absolut musikalisch einfach gestricktes Country-Album. Was nun wirklich zu denken geben müßte. MÜSSTE!"