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Im Jahr 2002
Porter Wagoner und Bill Carlisle
neue Mitglieder der Country Music Hall Of Fame
Von Hauke Strübing
 

Bill Carlisle 1977 in der Grand Ole Opry in Nashville

BILL CARLISLE  Backstage in der Opry im April 1977.
Bild: Hauke Strübing

Na endlich, na endlich, kann man da nur sagen: Wie alt muß eigentlich ein Mensch werden, um als verdientes Mitglied der Country Music Gemeinde in die Ruhmeshalle der Zunft einziehen zu dürfen. Mit Ruhm haben sich dieWahlmänner/frauen der Country Music Association in den letzten Jahren nun wahrlich nicht bekleckert. Als die CMA im letzten Jahr gleich 10 Künstler nominierte, fühlte sich Porter Wagoner schlichtweg übergangen. Während der Opry-Vorstellung am vergangenen Samstag (10. August 2002) bat Natalie Maines von den Dixie Chicks während ihres Opry-Debutauftritts Bill Carlisle und Porter Wagoner zu sich auf die Bühne und verkündete die News.

93 Jahre alt ist "Jumpin´" Bill Carlisle inzwischen geworden. Mit seinem älteren Bruder Cliff trat er in den 30 Jahren des vergangenen Jahrhunderts (klingt toll, nicht) als Carlisle Brothers auf. Als Solist hatte Bill Carlisle damals eine Hit-Single mit der Aufnahme "Rattlesnake Daddy", und in den 40ern traten die Carlisles mit dem Hit "Rainbow At Midnight" an. Den Namen "Jumpin´" holte sich Bill Carlisle, weil er seit den frühen 50er Jahren und danach stets springend auf die Bühne gelangte - was ihm in den letzten Jahren allerdings nach einer Herz-Attacke nicht mehr gelang. Seine Bewunderer unter den Zuschauern der Opry-Vorstellungen ergötzt er inzwischen mit einer Gehhilfe, mit der er die Bühne betritt, und die er - nach seinem Vortrag - überschultert und winkend die Bühne verläßt. Mitglied der Grand Ole Opry ist Bill Carlisle seit November 1953. Zur selben Zeit hatten die Carlisles zwei Riesen-Hits: "Too Old To Cut The Mustard" (1952) und "No Help Wanted" (1953, beide Aufnahmen bei Mercury Records). Nachtrag vom 19. März 2003: Bill Carlisle ist am 17. März 2003 in Goodlettsville vor den Toren von Nashville gestorben. Klicken Sie auf Bill Carlisle.

Vielleicht sollte es ja ein Geburtstagsgeschenk für Porter Wagoner werden, als gestern seine Nominierung für die Country Music Hall Of Fame bekannt wurde. Porter Wagoner hat heute am 12. August 2002 seinen 75. Geburtstag.

Herzlichen Glückwunsch, Porter Wagoner!

Porter Wagoner: Sein Name begleitet mich seit Anbeginn meiner Country-Zeit, als ich mich dieser Musik verschrieb. Und so wird es vielen von uns gehen. Da war die Aufnahme "A Satisfied Mind", das Lied "Eat Drink And Be Merry", der Country Gospel "What Would You Do? (If Jesus Came To Your House)". Aufnahmen, die ständig in den Country-Sendungen des AFN zu hören waren. Dann die Galopp-Titel "Company´s Comin´" und "Uncle Pen". Und da war das herzzerreißende "I Thought I Heard You Calling My Name". Wir rissen uns um die Aufnahmen - und doch waren sie so weit weg, weil es sie nicht mehr gab. Konnten wir denn Ende der 50er Jahre ahnen, daß diese Lieder alle schon Vergangenheit waren? Später erfuhren wir, daß es Jahre lang keine LP von ihm gab. Erst als auf RCA Camden die älteren Lieder Anfang der 60er neu aufgelegt wurden, hatte diese Pein ein Ende.

Porter Wagoner auf der Bühne der Grand Ole Opry, 1996

PORTER WAGONER
 1996 auf der Bühne der
Grand Ole Opry in Nashville
Bild: Hauke Strübing

1962: Porter Wagoner war weiterhin mein "Star" und das untermauerte er mit seiner Single "Misery Loves Company / I Cried Again". "Misery Loves Company" wurde eine Nummer 1, "I Cried Again" blieb ein Geheimtip. Kurz weilte er 1962 auf  Truppenbesuch in Deutschland; in Frankfurt-Höchst im Schloß, Sitz von AFN, machte er kurz halt für eine halbstündige Sendung. Im April 1965 sang er die Originalversion von "Green, Green Grass Of Home" - lange bevor sich andere besannen. Als Patsy Cline, Hawkshaw Hawkins, Cowboy Copas und Randy Hughes 1963 und Jim Reeves im Jahr 1964 bei Flugzeugabstürzen ums Leben kamen, schwor sich "The Thin Man From West Plains", wie ihn seine Fans nannten, nie mehr zu fliegen. Das war mit ein Grund, warum man Porter Wagoner auch nie in London bei den Wembley-Festivals Mitte/Ende der 70er Jahre sah, geschweige denn hörte. Also hin nach Nashville! Seit dem 23. Februar 1957 ist er Mitglied der Opry. 20 Jahre später, am 4. April 1977, stand Porter Wagoner auf dem Programmzettel der Grand Ole Opry. Ich war da, doch der Hauptpart fehlte: Kein Porter Wagoner an jenem Freitag und auch nicht am Samstag. Pech gehabt.

Doch da hatte sich Porter Wagoner getäuscht, wenn er meinte, ich habe keine Ausdauer. Es dauerte dann noch gut 15 Jahre, aber im Jahr 1992 erwischte ich ihn schließlich. Inzwischen war er einer der Hauptmatadoren der Grand Ole Opry geworden: Hauptstütze in der Opry und eine der Hauptstützen im Opryland Park. Dort konnte man sich nach guter amerikanischer Manier 1 Stunde und auch länger anstellen, um ein Autogramm zu erhalten und einen kurzen Plausch zu halten. Fototermine nach dem Muster "beide lächeln in die Kamera" haßte ich von Grund auf! Ich habe ihm damals irgendetwas gezeigt, ich glaube ein altes Songbook, was ihn zumindest für einige Minuten interessierte. Ich habe ihm bei der Gelegenheit allerdings nicht erzählt, daß ich inzwischen auch (durch Zufall) in West Plains, Missouri, in seinem Heimatort war, und auf der Fahrt dorthin einige Meilen vor Poplar Bluff seine Duett-Aufnahme mit Dolly Parton "40 Miles To Polar Bluff" x-mal in Überlautstärke abspielte im Leihwagen. Genau so laut auch die Duettaufnahme "Daddy Was An Old Time Preacher Man"! Und ich sagte ihm auch nicht, daß ich an seinem Geburtshaus vorbeigefahren bin, es allerdings nicht fotografierte, weil der neue Besitzer, der vor dem Haus stand, das sicherlich nicht gern gesehen hätte. Amerikaner mögen so etwas nicht.

Als ich Porter Wagoner am 5. April 2002 zuletzt auf der Bühne der Opry sah, stellte ich eine wesentliche Veränderung an ihm fest: Er zeigte sein Knie nicht mehr, das wir doch so lange Jahre immer wieder bewundern konnten. Es war eine seiner drei Spaßnummern: Das offene Jacket mit der Innenaufschrift HI, dann der mit seinem Mikrofon einen Segen erteilende Mr. Wagoner und das Knie, wie gesagt. Aber nichts mehr davon zuletzt. Er stand souverän auf der Bühne, rückte auch keinem seiner von ihm angesagten Künstler mehr auf die Pelle. Porter Wagoner ganz der Gentleman. Und singen kann er immer noch! Und schöne Lieder singt er. Porter Wagoner, ich liebe Ihre Musik!