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Elvis Presley
Die restaurierten Aufnahmen von der Louisiana Hayride
Von Hauke Strübing

Die Louisiana Hayride war einmal. Sie war einmal eine der vielen Bühnenshows vor einem halben Jahrhundert in den USA, die die Country Music vor allem per Radio unters Volk gebracht haben. Übrig geblieben im großen Stil ist nur noch die Grand Ole Opry in Nashville. So hatte halt jeder Landstrich in den USA seinen Sender mit Bühnenshow: Die Louisiana Hayride war zuständig für den tiefen Süden, für den östlichen Teil von Texas, für Arkansas, für Teile von Mississippi und natürlich für Louisiana. Ihren Sitz hatte die Louisiana Hayride in Shreveport.

Hierhin pilgerten die Möchtegerne der Country Music der frühen Jahre: Hank Williams, Jim Reeves, Webb Pierce, Faron Young, Johnny Horton, Jimmy Newman, Merle Kilgore und ein damals 19jähriger Elvis Presley. Welche musikalische Revolution der junge Mann damals auslöste, weiß heute jeder; die ganz frühen Belege seiner Bühnenshow um 1954 und etwas später kennt kaum jemand noch. Die Technik war damals bei weitem nicht so fortschrittlich wie heute, um a) Aufnahmen guter Qualität zu produzieren und b) die Darbietungen zu konservieren. So stützte sich der Gründer von TOMATO RECORDS, Kevin Eggers, schon 1984 bei der Veröffentlichung seines Albums mit Elvis-Aufnahmen der Louisiana Hayride auf qualitativ unbrauchbares Material – gemessen an modernen Qualitätsstandards. Aber ruhen ließ ihn dieses Material dennoch nicht. Im Mai dieses Jahres bereitete er nun in einem Studio in Lower Manhattan mit den heute zur Verfügung stehenden modernsten technischen Einrichtungen jene frühen Live-Aufnahmen von Elvis Presley von der Louisiana Hayride auf.

Diese Technik machte es möglich, die Baß-, Drums- und Gitarren-Sequenzen von Bill Black, D. J. Fontana, Scotty Moore und Elvis herauszufiltern und sie Note für Note durch Paul Nowinski (Bassist bei Keith Richards, Rickie Lee Jones, Les Paul), durch Jon Paris (Gitarrist bei Bo Diddley, Johnny Winter, Johnnie Johnson) und durch Steven Wolf (Drummer bei den Bee Gees, B-52s, Celine Dion) originalgetreu zu ersetzen. Als Ergebnis sind die Aufnahmen nach Ansicht von Kevin Eggers jetzt so zu hören, wie sie Elvis während seiner Bühnendarbietung hören konnte. Also nahezu authentisch. Und zu hören ist das Ergebnis auf der am 13. August 2002 in den USA veröffentlichten CD „ROOTS REVOLUTION: THE LOUISIANA HAYRIDE RECORDINGS" (TOMATO Records). Zu fragen bleibt natürlich, wie diese Aufnahmen später einmal im Rahmen des Gesamtwerks von Elvis Presley beurteilt werden: Ob sie als „na ja, noch ein Versuch" abgelegt  oder als Beleg für den frühesten Elvis Presley herangezogen werden.

Immerhin, im Augenblick stellen wir einmal fest: Es gibt jetzt einen Beleg für seine Auftritte bei der Louisiana Hayride. Auch das schon ein Wunder, wenn man bedenkt, wie auf dem anderen Kontinent mit Erinnerungen umgegangen wird. Als ich vor einigen Jahren in Shreveport weilte und die Radio Station KWKH aufsuchte, erfuhr ich nichts Gutes in Sachen Country: Die Louisiana Hayride war ohnehin schon vor längerer Zeit eingestellt worden, der Sender, einst Stütze der Country Music im Süden, hatte sein Format gewechselt. Zwar hingen da und dort noch ein paar Erinnerungsstücke an den Wänden, doch versäumte man nicht, mir zu sagen, daß alle Elvis Presley-Memorabilien anderweitig verbracht worden seien. Da fragt man sich natürlich auch, wo die vielen 78-Schellack-Aufzeichnungen geblieben sein können aus eben noch glorreicheren Zeiten der Country Music in Shreveport. Aber wie gesagt, der Umgang mit der Erinnerung ist so nicht die Sache einer auf Profit ausgerichteten Radiowelt.

Nun haben wir also 9 wiederaufbereitete Aufnahmen eines Elvis Presley (u.a. That´s All Right Mama / Let´s Play House / Blue Moon Of Kentucky / Maybelline / Baby, Let´s Play House / Hound Dog / Good Rockin´ Tonight / I Got A Woman) und 6 weitere Talkbeiträge, das Louisiana Hayride-Theme und einen "Lucky Strike"-Werbespot jener Tage. Das macht 22 Minuten Elvis Presley und 7 weitere Minuten.

Als eine Langspielplatte vor 20, 30 Jahren kaum über eine reine Spielzeit von 22 Minuten hinauskam, fühlten wir uns an der Nase herumgeführt. Das war dann damals schon eine unbefriedigende Ausbeute für einen tiefen Griff ins Portemonnaie.