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The Real Thing
“Thank God Rodney Hayden is alive!“
Hauke Strübing bespricht die Debut-CD des Texaners

Ein Schreck fuhr mir in die Glieder, als ich Anfang dieses Jahres einen Bericht in BILLBOARD (9.2.2002) las: Wieder ein junges, ein blutjunges Talent, das auf dem Country-Altar der Music-Row-Verhinderungsgruppe geopfert werden könnte? Rodney Hayden heißt das Jungtalent, und wie Nashville und die US-Country Radio Stations mit solchen Talenten umzugehen pflegen, ist längstens bekannt. Man hört sich deren erste, irgendwo auf dem weiten Land und begeistert aufgenommenen Demobänder an, man versucht dieses Talent irgendwie einzufangen, um es dann auf die Music-Row-Einheitslinie einzutrimmen: Damit das Country-Radio deine Musik auch spielt, heißt die Begründung. Und es dauert dann 1 CD lang, vielleicht auch noch eine 2. CD lang – und aus ist der Traum vom großen Startum.

Gott bewahre Rodney Hayden vor diesem Schicksal! Denn dieser erst im Februar 2002 22 Jahre alt gewordene Texaner aus Pleasantville, 30 Meilen südlich von San Antonio, hat so viel stimmliche Ausstrahlungskraft, so viel musikalische Intelligenz, daß jeglicher Versuch, ihn von seiner eingeschlagenen Linie abzubringen, strafbar sein müßte. Und das Schicksal war ihm gut gesonnen, denn es stellte für ihn fest: Rodney Hayden ist „too country for Nashville!“ Als der eben mal 20jährige im Herbst 2000 in Nashville unter der Leitung von Tony Brown (seines Zeichens President von MCA Records Nashville) 4 Lieder einsang, schlug ihm schon zwei Wochen später der rauhe Wind der US-Country-Realität ins Gesicht – und alle Träume eines 20jährigen zerstoben: MCA würde mit ihm keinen Plattenvertrag abschließen. Zwar setzte sich Tony Brown, der auch George Straits Aufnahmen produziert, für Rodney Hayden ein, doch da war noch das Nashville Establishment! „Jeder bei der Firma (MCA) meinte, meine Musik sei too country, too this, too that.“

Rodney Hayden, Brad Paisley und Besucher
bei Billy Bob´s in Fort Worth, Texas

Es war dann eine frühe Internet-Verbindung, die Rodney Hayden zu Kathleen Keen führte und die ihn wichtige Schritte in seinem Leben weiterbrachte. Noch zu High-School-Zeiten als 16/17jähriger bot er der Ehefrau des Sängers und Songwriters Robert Earl Keen eigene Lieder an. Doch der schrieb seine Lieder ausnahmslos selber. Schließlich gab sie dem Youngster doch eine Chance, ihr ein Demoband zu schicken. „Es war  seine Stimme“, so Kathleen Keen, „die mich von Anfang an überzeugte. Dieser Junge hatte etwas Besonderes.“ Nach dem Nashville-Tiefschlag ergriffen die Keens die Initiative für Rodney Hayden. Robert Earl Keen gründete das ROSETTA-Label und veröffentlichte seine Debüt-CD „The Real Thing“ mit 11 Aufnahmen des Ausnahmetalents. Mit 11 Liedern im Country-Stil pur. Mit 11 Liedern, die belegen, daß der Texas Honky Tonk alles andere als tot ist. Und es ist tätsächlich – wie Kathleen Keen feststellte – die Stimme von Rodney Hayden, die diese CD zum Hörerlebnis macht. Ich weiß zwar nicht, was Kathleen Keen im einzelnen dachte, als sie über seine Stimme räsonnierte. Als ich mich mit großer Spannung nach endlich 10 Monaten in diese CD reinhören konnte, da kamen sie wieder, diese Erinnerungen. In diesem Fall waren es die Erinnerungen an einen anderen, frühen (so sehr verehrten) Vertreter der traditionellen Country Music. Erinnerungen an Frankie Miller. Wie Frankie Miller (Blackland Farmer, Baby Rocked Her Dolly, A Little Bit´s Better) hat auch Rodney Hayden in gewissen Sequenzen seines Vortrags dieses ähnliche Leiden in seiner Stimme. Nur eben nicht so breit angelegt, wie wir es bei Frankie Miller heraushörten. Dann aber auch wie bei Frankie Miller passend dazu und durchgehend die tiefgestimmte Leadguitar.

Wer sich vom Country-Soft-Rock und Country-Stillos-Misch-Masch à la Nashville erholen möchte, wissen möchte, was Country Music heute wirklich noch sein kann, dem sei „The Real Thing“ wärmstens empfohlen. Und ich wünsche diesem jungen Talent, daß ihn niemals das Schicksal etwa des Sängers Don King ereilt. 

RODNEY HAYDEN – THE REAL THING    Rosette Records RR2004-2
The Real Thing – Black Rose – Tryin´ To Find Myself – Heartaches And Highways – Mighty Lonesome Sound – You Don´t Talk I Don´t Listen – I Hope That I Don´t Fall In Love With You – I´ll Give You Love – Tears Only Run One Way – December Rose – Back In Your Arms

7 Lieder schrieb Rodney Hayden gemeinsam mit Bill Whitbeck, die restlichen 4 Lieder stammen aus der Feder von Billy Joe Shaver (Black Rose), Robbie Fulks (Tears Only Run One Way), Tom Waits (I Hope I Don´t Fall In Love With You) und Chip Taylor (The Real Thing). “Tryin´ To Find Myself” ist ein autobiographisches Lied nach seiner enttäuschenden Rückkehr aus Nashville im Herbst 2000. Das Lied „December Rose“ schrieb Rodney Hayden in Erinnerung an einen alten Mann, der sich bei einer seiner Shows das Lied „Corrina, Corrina“ wünschte, weil dies das letzte Lied gewesen sei, zu dem er mit seiner Frau tanzte. Der alte Mann gab Hayden eine kleine Rose, die Rodney Hayden heute noch in seinem Gitarrenkasten aufbewahrt. 

Auf seiner  Web-Site http://www.rodneyhayden.com können 7 Titel der CD „The Real Thing“ angespielt werden. 

Robert Earl Keen sagt über seinen Schützling: „Er hat die klassische Country-Stimme, und ich glaube, daß Hank Williams, Lefty Frizzell, Mel Street und Conway Twitty – wenn sie gerade irgendwo, vielleicht kartenspielend an einem Tisch zusammensitzen – befreit aufatmend feststellen: Thank God Rodney Hayden is alive“.

Der 23jährige Texaner RODNEY HAYDEN hat jetzt einen Vertrag mit AUDIUM Records abgeschlossen, der Plattenfirma mit den guten Namen einer Reihe von Country-Stars wie John Anderson, Rhett Akins, Charlie Daniels und Dwight Yoakam. Rodney Haydens AUDIUM-Debut-CD erscheint Ende August 2003.
(Nachtrag vom 2. Juni 2003 zu obigem Beitrag)