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Ein äußerst gelungener Auftritt in der Schweiz von
Rosanne Cash
Von Friedrich Hog  

Rosanne Cash ist die am 24. Mai 1955 in Memphis, Tennessee, geborene Tochter von Johnny Cash und Vivian Liberto, die bei ihrer Mutter in Kalifornien aufwuchs und nach dem Abitur nach Nashville zog. Sie trat der Band von Johnny Cash bei, Ganz der Vater: Rosanne Cash am 19. März 2004 im Schützenhaus Albisgütli in Zürich. Bild: Friedrich Hogwar von 1979 bis 1992 mit Rodney Crowell verheiratet und hatte zwischen 1979 und 1991 ihre erfolgreichste Zeit in der Hitparade. 11 Nummer-1-Hits im Billboard stehen zu Buche, heute gehört sie in die ständig wachsende Americana-Szene und kann sich künstlerisch so entfalten, wie sie es gerne möchte, muss nicht nach einem vermeintlich schlechten Massengeschmack schielen, so ähnlich wie Emmylou Harris auch.  

Am Freitag, den 19. März 2004, konnte man Rosanne Cash und ihre Band, ebenso wie am Tag danach, vor mit jeweils 1.200 Leuten ausverkauften Haus im Schützenhaus Albisgütli in der Uetlibergstraße in Zürich erleben. Ein von außen sehr repräsentatives Haus, ähnlich einem Schloss, innen eine wunderbar dekorierte Country-Kneipe, ähnlich dem Rattlesnake Saloon in München, aber viel größer und sehr hochklassig. Arthur Furrer und Häsi Schild haben uns herzlich willkommen geheißen, die Leiter des ca. 2.000 Mitglieder starken Country Music Club of Switzerland. Beide hatten bereits sechs Wochen Festival hinter sich, „the only 39-Days-Country-Festival in The World“, denn von 06. Februar bis 21. März gab es jeden Abend ein bis zwei Live-Bands zu erleben, dieses Jahr u.a. die Bellamy Brothers (USA), Nevada (CH), Undertakin‘ Daddies (CDN), Danni Leigh (USA), John Carter-Cash (USA), John Brack (CH), Sarah Jory (GB), Albert Lee & Hogan’s Heroes (GB), Eric Heatherly (USA), Richard Dobson (USA), Good Brothers (CDN), Deborah Allen (USA), Mary Duff (IRL), Rüdiger Helbig & Huckleberry Five (D) oder Wildfire (USA); und das täglich außer Montag und bereits seit 20 Jahren. 400 Gäste sind immer da, im Schnitt ca. 700 und an guten Tagen eben 1.200, wie bei Rosanne Cash.  

Nach einem wenig ansprechenden Auftritt von Bonnie Jeanne Taylor, sie kommt aus Amerika, spricht aber perfektes Schwitzerdütsch, ihre Musik ist jedoch sehr Pop-orientiert, begann um 21.50 Uhr das Highlight des Festivals, als Rosanne Cash die Bühne betrat. „I Still Miss Someone“ war ihr erstes Lied, „that’s for my father, vielen Dank, guten Abend“, so begrüßte sie ihr Publikum, das ihr große Aufmerksamkeit schenkte. Von Anfang an war ihr Auftritt erstklassig, ein in jeder Hinsicht gelungenes Konzerterlebnis.

 Rosanne Cash am 19. März 2004 im Schützenhaus Albisgütli in Zürich. Bild: Friedrich Hog

Durch die Anordnung der Lautsprecher an der Decke konnte man im gesamten Saal bei optimaler Akustik und Lautstärke die Musik genießen, die sehr filigran rüberkam, rockig wo notwendig, meist aber gefühlvoll und zart bestach Rosanne Cash mit ihrer wunderbar ausgeglichenen Stimme und ausdrucksstarker Mimik und Gestik. Neben ihren neuen Liedern, die sich z.T. auf ihrer aktuellen CD „Rules Of Travel“ finden, sang Rosanne Cash natürlich auch einige ihrer Hits, angefangen von „What We Really Want Is Love“ (Nr. 39/1990) über „I Don’t  Know Why You Don’t Want Me“ (Nr. 1/1985) und „Blue Moon With Heartache“ und „Seven Year Ache“, ihren beiden Nummer-1-Hits von 1980 aus ihrer LP „Seven Year Ache“. Auch „Tennesse Flat Top Box“ und „Runaway Train“ (je Nr. 1/1988) erklangen, und ihr früher Hit „Couldn’t Do Nothin‘ Right“ (Nr. 15/1980). Die elektrische Gitarre von John Leventhal, der ihre aktuelle CD „Rules Of Travel“ auch produziert hat, war sehr beeindruckend, nie zu druckvoll, immer adäquat und sehr abwechslungsreich. Rosanne Cash selbst spielte zu den meisten Liedern akustische Gitarre.  

Aus ihrer aktuellen CD beeindruckte „September When It Comes“ am meisten, hat doch im Studio ihr Vater mitgesungen. Aus seinem Repertoire brachte Rosanne „Big River“, John Leventhal kreierte mit seiner genialen Gitarrenarbeit die richtige Atmosphäre.  

Anlässlich des Jahrestages des Militärüberfalls von George W. Bush auf den Irak, den Michail Gorbatschow zeitgleich als schweren Fehler verurteilt hat, sang Rosanne Cash das Lied „Who’s Gonna Take Away His Licence To Kill“, das sie mit den Worten einführte „nicht alle Leute in Amerika glauben an die Richtigkeit des Irak-Kriegs“. Rosanne scheut also nicht notwendige und klare Worte, ebenso wie ihr Vater, der in der Zeit des Vietnamkriegs Pete Seeger und andere Künstler in seine Fernsehsendung einlud, die gegen jenen Krieg sangen, woraufhin er seine TV-Sendung verloren hatte. Die entsprechende Freiheit können sich Americana-Künstler allerdings nehmen, im Gegensatz zu den „Country-Stars“ der Musikindustrie, denen die Meinungsfreiheit unter der derzeitigen Regierung nicht gewährt wird.  

Das Konzert von Rosanne Cash konnte man in vollen Zügen genießen, so tut Musik gut. Viel zu schnell war dieser wunderbare Auftritt vorbei und die Zugaben brachten u.a. „Who’ll Stop The Rain“ von CCR und „40 Shades Of Green“, das auch ihr Vater einmal aufgenommen hatte. Nach Mitternacht gab Rosanne Cash Autogramme und nahm sich Zeit für ihre Fans, ganz ganz großes Kompliment für die musikalische und menschliche Leistung von Rosanne Cash, wohl das Konzert-Highlight 2004 in Europa.