Uhr

Was ist eigentlich los mit der Country Music in Deutschland?
Von Hauke Strübing

 

Knapp zwei Jahre nach Einführung dieser Homepage stelle ich mir konstaniert diese Frage. Was läuft hier falsch? Warum hat die Country Music dieses unsägliche Image – wie man dies immer wieder in den diversen Country-Foren nachlesen kann: „Ich schäme mich zu sagen, dass ich Country Anhänger bin.“ Was läuft hier falsch? Was läuft in den falschen Bahnen? Warum wird die wohl einzige Country-Sendung mit hohem Niveau aus der Schweiz in das 3Sat-Programm eingebracht? 

Allein die letzten drei Wochen haben mir einige Erklärungen geliefert für dieses Debakel und doch wieder neue Fragen aufgeworfen. 

Fall 1: Auch auf dieser Seite wurde eine Reihe mit 3 Konzertauftritten von Don Williams angekündigt: Am 5. Juni Bonn im Brückenforum,  am 8. Juni in Minden in der Kampahalle und am 9. Juni Hamburg in der Fabrik. Vielerorts liefen die Vorbereitungen (in Gedanken) an. Doch die Freude währte nicht lange. Kommt Don Williams? Kommt er nicht? Auf seiner Homepage waren die deutschen Termin plötzlich verschwunden. Und dann hieß es lapidar überall da wo man es lesen wollte: Nein, Don Williams kommt nicht. Man hätte keine Halle, keinen Veranstaltungssaal gefunden mit Bestuhlung. Don Williams würde aber leider nun mal nicht in einem Saal ohne Bestuhlung auftreten. Fertig, aus, Schluß, basta! 

Ja, da frage ich mich doch allen Ernstes, mit welchem Dilettantismus man in diesem Fall ans Werk gegangen ist. Wie konnte man eigentlich überhaupt auf die Idee kommen, einen Don Williams in einer Halle vor einem stehenden Publikum auftreten zu lassen? Hat man sich überhaupt einmal einen einzigen Gedanken über die Person und den Entertainer Don Williams gemacht, wie er nun schon seit 30 (!!) Jahren sein Publikum verzaubert, mitreißt und begeistert? Hätte man sich der inzwischen klitzekleinen Mühe unterzogen und sich im Internet über Don Williams erkundigt (Google Seiten auf Deutsch Stichwort Country Sänger „Don Williams“), dann wäre man locker auf 143 (!) Seiten gestoßen und gleich oben in der Reihung auf die diversen Berichte, die ich im Laufe der letzten knapp zwei Jahre auf dieser Homepage veröffentlicht habe:  9 an der Zahl und allein vier hätten Aufschluß über Konzertauftritte des „stillen Don“ gegeben: Don Williams in Stuttgart anno 1975 / Don Williams in der Carnegie Hall / Don Williams in Glasgow (im Okober 2002) und Don Williams in Bakersfield (im September 2002). 

Was schrieb ich über seinen Auftritt in Bakersfield?  

„Nicht mehr Hillbilly, kein Crossover – schlichte und einfache Musik, die alle Lager zu vereinen schien. Don Williams war der Star der Stunde. Aus London kam die Kunde, daß er mit seiner 2-Mann-Band (!) 11.000 Zuschauer im riesigen Wembley Pool ausflippen ließ......Damals in Branson blieben uns zwei Dinge in steter Erinnerung: Immer noch zauberte er mit seinen 2 Musikern jenen Sound in den Saal, der sich so wenig von seinen Plattenaufnahmen unterscheidet. Und erstmals beobachtet legt er eine Show auf die Bühne, die dem Begriff „Bühnenshow" im eigentlichen Sinne jeglichen Hohn spricht. Machte er doch alles andere als eine Show. Er saß und saß und saß während der 60, 70 Minuten auf seinem Hocker mit Lederlehne, die Füße auf einem mit dem Hocker verbundenen Kasten ohne auch nur die geringste Andeutung einer Bewegung. Dieser Mann ist ein Weltwunder an Bewegungslosigkeit, und wenn schon, dann bitte gaaaaaaaanz langsam den Kopf nach links. Aber dann nicht gleich wieder nach rechts. Und dann erst der Sprachkontakt mit dem Publikum! Unterhaltung bedeutet für ihn ein einziger Satz – wiederum gaaaaaaaanz langsam Wort für Wort. Das Publikum bejubelt jedes Wort. Und dann wird er noch langsamer. Freunde, das ist nicht übertrieben oder untertrieben (mir fehlt jetzt der richtige Ausdruck), das ist jetzt kein Gag von mir, das ist so! Damals vor mittlerweile 27 Jahren hat mir mal ein Leser von COUNTRY CORNER vorgeworfen, ich bewundere Don Williams zu sehr. Nachdem ich ihn nun in Bakersfield wieder in Concert erlebt habe, gebe ich gaaaaaaanz ehrlich zu: Ich bewundere Don Williams. So sehr, daß ich mir an jenem 12. September 2002 gleich beide Shows von ihm angesehen habe. Ich bewundere seine Art eine Show hinzulegen, die keine ist, die vielmehr von seinen Liedern lebt.“

Sehen Sie, genau das ist es, was die hiesigen Manager hätten beherzigen müssen, um ein Don Williams-Konzert auf die Beine zu stellen. Aber nein, man wollte wohl eine Disco-ähnliche Atmosphäre herbeizaubern, für die ein Mann wie Don Williams der absolut falsche Mann ist! Er war zwar hier auch einmal Gast in einer Disco – allerdings in der von Ilja Richter. Vor einem Vierteljahrhundert war das. Und so darf man sich über das „No“ für Deutschland  aus Amerika nicht wundern. Wundern darf man sich allenfalls darüber, wie unbedarft hierzulande ans Werk gegangen wird, einen Don Williams vor ein deutsches Publikum zu stellen. Entschuldigung: nicht zu setzen. 

Fall 2:  Am 27. Februar 2004 erhielt ich abends einen Anruf von Walter Fuchs: "Hauke, ich muß Dir etwas Sensationelles erzählen". Und wenn Walter Fuchs das Wort sensationell in den Mund nimmt, dann ist es auch sensationell! „Stell Dir mal vor, die Aufnahme „Say Pardner“ der Cowboys & Indians erscheint hier bei uns auf einer CD". Ich fasse es nicht! Nahezu 45 Jahre redet hier jeder, der auch nur einen Hauch von Beziehungen zu den alten Country-Sendungen des AFN hat, über den Kult-Song „Say Pardner“ der Cowboys & Indians. Und nun ist er wieder da!  

In den knapp 2 Jahren meiner Internet-Aktivitäten berichtete ich schon früh über diese Aufnahme, weil ich auch immer wieder Anfragen erhalte, ob und wo man diese Aufnahme (noch) erhalten kann. Die Aussichten sind mager. Immerhin bin ich froh, dass man heutzutage überhaupt etwas über diese schon obskure Aufnahme lesen kann (Google Stichwort „Say Pardner“ unter 189 Suchbegriffen weltweit an 1. Stelle und Google Stichwort „Cowboys And Indians“ Say Pardner unter 68 Ergebnissen ebenfalls weltweit an 1. Stelle). Beides macht mich mächtig stolz. 

Na, denke ich, dann schreib mal den nächsten Bericht: Was du angefangen hast, kommt jetzt zum guten Ende. Die Aufnahme ist wieder für jedermann greifbar. Ich informiere mich im Netz, hole mir Informationen über die CD, finde aber das Wesentliche nicht – nämlich die Titel von „Greetings from Texas“. Whatever, ich verschicke am Samstag nahezu 170 Newsletter mit der Sensationsmeldung. Schreibe auch an die betreffende Firma und bitte um Zusendung weiterer Informationen. Erhalte dann auch die Trackliste der CD. So heißt das heute. Auch gut. Inzwischen häufen sich weitere Anfragen von Interessenten, die wissen wollen, wo man die CD bekommen kann. Mich interessiert die Zusammenstellung natürlich auch, weil ich eine Besprechung sozusagen als krönenden Abschluss der ganzen „Say Pardner“-„Cowboys & Indians“-Sache anstrebe. Doch da habe ich wohl eine zu hehre Erwartungshaltung an den Tag gelegt.

Ob ich die CD überhaupt erhalte (vielleicht auch nur in Anerkennung der unbedeutenden Bemühungen?) – who knows. Irgendwie interessiert mich das auch gar nicht mehr, wo ich doch weiß, dass hier bei uns irgendetwas in Sachen Country Music nicht richtig läuft.