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Eine AFN-Chronologie (Teil 11)
Von Hauke Strübing

"With AFN on your way – you´ll be happy all the day!"

Welche Bedeutung  AFN mit seinen Sendungen für die Entwicklung der Country Music bei uns und vor allem für jeden einzelnen persönlich hatte, das schildere ich in dem Beitrag "Wie es war - wie es ist Country im Radio" auf dieser Seite. In der Serie "Eine AFN-Chronologie" werden nun  in lockerer Folge alle mir zugänglichen Beiträge aus den verschiedensten  Publikationen im deutschsprachigen Raum wiedergegeben - Beiträge aus Country Zeitschriften, Country Newsletter etc. und auch aus eigenen Aufzeichnungen. AFN hatte seine Studios in den ursprünglich amerikanischen Besatzungszonen und in West Berlin. Die Nähe der Schweiz zum süddeutschen Raum brachte es mit sich, dass der in der Schweiz ansässige von Charles "Chuck" Steiner betriebene "Ole Hillbilly Drifters"-Club hauptsächlich die Aktivitäten der AFN-Stationen in München, Stuttgart und Frankfurt beleuchtete. Der erste Bericht dieser Serie stammt aus dem Jahr 1957. Anzumerken ist noch, dass die Clubzeitschriften der "Ole Hillbilly Drifters" anfangs in englischer Sprache erschienen, später wurden Beiträge auch in deutscher Sprache abgedruckt. Die Sendezeiten der Country-Sendungen (damals verwendete man noch die Terminologien "Hillbilly Music" und etwas fortgeschritten schon "Country & Western") sind in allen Beiträgen hervorgehoben. Ergänzungen zu dieser Chronologie sind jederzeit willkommen.

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Nachdem “Country Singin´ and Pickin´ News” der Ole Hillbilly Drifters eingestellt war, veröffentlichte Chuck Steiner bis zum Erscheinen des HILLBILLY-Magazins das Info-Heft "Drifters´ Roundup" in deutscher Sprache (ab Oktober 1960 insgesamt 9 Ausgaben) und in englischer Sprache (ab März 1961 insgesamt 4 Ausgaben). Alle Artikel, Leserzuschriften und Antworten, die sich im weitesten Sinne mit dem Thema AFN und Country Music beschäftigten, sind in diesem und den folgenden Teilen der AFN-Chronologie wiedergegeben.

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Liebe Clubmitglieder,
es freut uns, dass die erste Nummer von DRIFTERS' ROUNDUP so ausgezeichnet bei Euch angekommen ist. In der vorliegenden Ausgabe möchten wir einmal die drei Country Music Programme des AFN eingehender besprechen. Hier die Namen, genauen Adressen und Sendezeiten:

HILLBILLY REVEILLE
Bill Sellers, AFN Munich, APO 108, US Forces, M u n i c h, Mo-Fr 06.05-06.30 h

FIVE STRING CONCERT
Tommy Cash, AFN Frankfurt, APO 757, US Forces, Frankfurt (Main), Mo-Fr 15.05-15.30 h

COUNTRY & WESTERN HITPARADE
Tom Daniels, AFN Orleans, APO 58, US Forces, Orléans (Loiret) FRANCE, Sa 06.05-06.30 h

Im einzelnen ist über diese Sendungen noch folgendes zu sagen. Das "Hillbilly Reveille", früher "Hillbilly Gasthaus", wird seit Beginn des AFN in Deutschland in den Jahren 1945/1946, in ähnlicher Form gesendet. Über Jim Carter, der diese Sendung bis vor kurzem ''betreute" sind in der letzten Ausgabe von DRIFTERS' ROUNDUP schon einige kritische Bemerkungen gefallen, die aber nun durch Jims Weggang gegenstandslos werden. In diesem Zusammenhang finden wir die Aufzählung der Namen einiger verdienstvoller DJ's für angebracht. Einverstanden?

Wir denken dabei an Bill Atwood, Character Fletcher, Uncle Willie, Larry Philips, Old Buddy Missouri und Dan Fulkerson, um nur einige wenige zu nennen. Ausschliess-lich diesen Leuten und einigen anderen DJ's aus der Frühzeit des AFN kommt der Verdienst zu, die Saat zum heutigen Aufschwung der Country Music in Europa gelegt zu haben, indem sie uns mit ihrer grossartigen und ausgewählten Programmzusammen-stellung die Country Music nahe gebracht haben, obwohl die Plattenauswahl der AFN Studios zu jener Zeit mehr als bescheiden war! Das "Hillbilly Reveille" ist unseres Erachtens die meistgehörte Country Music Sendung in Europa, denn sie wird von den Country Music Fans in den skandinavischen Ländern, ebenso auf den britischen Inseln und in Mitteleuropa abgehört, obschon es für viele eine gewaltige Ueberwindung bedeutet, die "warmen Federn" schon um 6 Uhr früh zu verlassen. Für die englischen Stickbuddies, welche vom Herbst bis ins Frühjahr sogar um 5 Uhr morgens am Radio ''kleben", nun, da finden wir einfach keine Worte mehr ... Bedauerlicherweise ist die Dauer von nur 25 Minuten täglich des "Hillbilly Reveille" der heutigen Bedeutung der Country Music keineswegs mehr angepasst und wir würden es sehr begrüssen, wenn AFN die Sendezeit bis 7 Uhr ausdehnen würde, denn wir könnten die dem Reveille folgenden, meistens sogar langweiligen Pop-Music-Sendungen bestimmt sehr gut verschmerzen!

Das "Stickbuddy Jamboree", seit 1. Januar 1961 "Five String Concert" genannt, ist ähnlich wie das Reveille aufgebaut, es wird aber leider zu einer äussert ungünstigen Zeit ausgestrahlt, sodass die meisten berufstätigen Personen nicht in der Lage sind, diese wirklich guten Programme abzuhören. Tommy Cash als DJ, der jüngere Bruder des berühmten und beliebten Johnny Cash, leistet in der Betreuung dieser Sendung ausgezeichnete Arbeit. Wir finden den neuen Namen, "Five String Concert", welcher durch einen Hörerwettbewerb ermittelt wurde, sehr originell und es ist nur zu hoffen, dass im Zusammenhang mit dieser neuen Bezeichnung auch die "Five String Music", d.h. BLUEGRASS, vermehrt zu Ehren kommt.

Unser Sorgenkind war die sogenannte "European Country & Western Hitparade", denn wir konnten einfach nicht glauben, dass die Zusammenstellung der wöchentlichen 7 Hits auf seriöser statistischer Grundlage vorgenommen wurde. Wir möchten keine weiteren Worte mehr verlieren über das Vergangene, denn diese äusserst wichtige Sendung wird nun seit einigen Wochen aus Frankreich gesendet und aufgrund der direkten Wünsche der Hörer bei AFN Orleans zusammengestellt. Also werden jetzt die "requests" beim "Hillbilly Reveille" und "Five String Concert" nicht mehr zur Bestimmung der Hitparade herangezogen. Nun, warten wir einmal die neue Entwicklung ab. Also, wer seine Lieblingsplatten in der Hitparade "sehen" und hören will, schreibe direkt an AFN Orleans!
Und nun, viel Vergnügen! Mit freundlichen Grüssen CHUCK STEINER, Präsident
Aus "Drifters´ Roundup" des Ole Hillbilly Drifters Fan-Club Nummer G 2 vom März 1961

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In der gleichen Ausgabe des DRIFTERS´ ROUNDUP des Ole Hillbilly Drifters Fan-Club Nummer G 2 vom März 1961 berichtet Hans-Harald Koopmann über die erste Country-Sendung des NDR Hamburg:

"Liebe Freunde von Hillbilly-Music: Wie Ihr wisst hat der Norddeutsche Rundfunk
auf UKW-Nord am 21. Oktober 1960 um 22 Uhr, am 2. Dezember 1960 um 21.45 Uhr und am 12. Januar 1961 um 21.55 Uhr, jeweils 30 Minuten lang "Die Hillbilly Bar" ausgestrahlt. Wer diese Sendungen gehört hat, wird festgestellt haben, dass sie ungeniessbar waren, und dass es eine grosse Zumutung war, uns blödsinnigen Wildwest-Zauber mit Schiessereien und Gläserklirren in Form von Hörfolgen vorzusetzen. Dazwischen kam alle 5 Minuten ein echter oder ein Pseudo-Hillbilly-Song. Trotz verschiedener Proteste von unserer Seite hält der Rundfunk an dieser Form der Hillbilly-Sendungen fest, weil er angeblich mehr positive, als negative Zuschriften darüber erhalten hat. Leider ist es uns versagt, an einer Hillbilly-Sendung mitzuarbeiten, da der NDR befürchtet, wir könnten seine Neutralität verletzen. Zur Wahrung der Neutralität und zur Vorbeugung gegen Einflüsse von Aussen kann der Rundfunk keinem Mitglied eines Clubs oder einer Schallplattenfirma gestatten, an der Programmzusammenstellung mitzuwirken. Daher musste es also so weit kommen, dass uns Herr ........., der keine Ahnung von C&W Music hat, einen so schönen Reinfall bereiten musste."

Anmerkung des Autors dieser Serie: Sie sehen, ein falsches Bild von der Country Music in Deutschland wurde damals schon gezeichnet. Warum regen wir uns also über so manche Ergebnisse heutzutage auf?

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Hauke Strübing in Sersheim (Württemberg) sandte mir ein mehrseitiges Verteidig-ungsschreiben für Jim Carter, welches aber in der etwas unsicheren Frage gipfelte, "Hat Jim Carter denn wirklich so viel Tadel verdient?". Bestimmt! Da aber Jim meines Wissens nicht mehr am AFN arbeitet, können wir dieses leidige Kapitel damit abschliessen.
Aus "Drifters´ Roundup" des Ole Hillbilly Drifters Fan-Club Nummer G 2 vom März 1961

Anmerkung des Autors dieser Serie: Ich kannte die Gründe des Zerwürfnisses und der Kritik von Chuck Steiner an Jim Carter (AFN durfte keine kommerziellen Platten abspielen, in verschiedenen Aufrufen forderte Steiner seine Klubmitglieder dennoch auf, sich speziell Starday-Lieder in den AFN-Sendungen zu wünschen [siehe auch den Leserbriefbeitrag von Hauke Paul in der AFN-Chronologie Teil 10]).

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Bernd Niggemann in Lüdenscheid und Dietmar "Hank" Knorr in Oberhausen machen mich beide auf die C&W Programme des Senders CAE (Canadian Army Europe) in Werl aufmerksam: Montag - Freitag 06.30 - 07.00 "Western Waggon" und Montag - Samstag 17.00 - 18.00 "Red Patch Round-Up". Im Rahmen dieser Programme wird jeden Freitagmorgen um 06.30 Uhr die C&W Hitparade gesendet.
Aus "Drifters´ Roundup" des Ole Hillbilly Drifters Fan-Club Nummer G 2 vom März 1961
 

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