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Eine AFN-Chronologie (Teil 13)
Von Hauke Strübing

"With AFN on your way – you´ll be happy all the day!"

Welche Bedeutung  AFN mit seinen Sendungen für die Entwicklung der Country Music bei uns und vor allem für jeden einzelnen persönlich hatte, das schildere ich in dem Beitrag "Wie es war - wie es ist Country im Radio" auf dieser Seite. In der Serie "Eine AFN-Chronologie" werden nun  in lockerer Folge alle mir zugänglichen Beiträge aus den verschiedensten  Publikationen im deutschsprachigen Raum wiedergegeben - Beiträge aus Country Zeitschriften, Country Newsletter etc. und auch aus eigenen Aufzeichnungen. AFN hatte seine Studios in den ursprünglich amerikanischen Besatzungszonen und in West Berlin. Die Nähe der Schweiz zum süddeutschen Raum brachte es mit sich, dass der in der Schweiz ansässige von Charles "Chuck" Steiner betriebene "Ole Hillbilly Drifters"-Club hauptsächlich die Aktivitäten der AFN-Stationen in München, Stuttgart und Frankfurt beleuchtete. Der erste Bericht dieser Serie stammt aus dem Jahr 1957. Anzumerken ist noch, dass die Clubzeitschriften der "Ole Hillbilly Drifters" anfangs in englischer Sprache erschienen, später wurden Beiträge auch in deutscher Sprache abgedruckt. Die Sendezeiten der Country-Sendungen (damals verwendete man noch die Terminologien "Hillbilly Music" und etwas fortgeschritten schon "Country & Western") sind in allen Beiträgen hervorgehoben. Ergänzungen zu dieser Chronologie sind jederzeit willkommen.

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Nachdem “Country Singin´ and Pickin´ News” der Ole Hillbilly Drifters eingestellt war, veröffentlichte Chuck Steiner bis zum Erscheinen des HILLBILLY-Magazins das Info-Heft "Drifters´ Roundup" in deutscher Sprache (ab Oktober 1960 insgesamt 9 Ausgaben) und in englischer Sprache (ab März 1961 insgesamt 4 Ausgaben). Alle Artikel, Leserzuschriften und Antworten, die sich im weitesten Sinne mit dem Thema AFN und Country Music beschäftigten, sind in diesem und den folgenden Teilen der AFN-Chronologie wiedergegeben.

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Die C&W HITPARADE - Monate April - Juni 196l
Von Hauke Strübing

AFN scheint Gefallen daran zu finden, die "European C&W Hitparade" von Zeit zu Zeit in ein anderes Studio zu verlegen und damit von einem anderen Disc-Jockey betreuen zu lassen. Zuerst Jim Carter, dann Tom Daniels und nun Jerry Haymes. Aber finden wir als Hörer auch Gefallen daran? Kaum haben wir uns nämlich an die herzliche Art des Texaners Tom Daniels gewöhnt, da überraschte er uns mit den Worten, dass vom 17. Juni 1961 an Army Specialist Jerry Haymes die Zusammenstellung übernehmen würde. Mit einem derartigen Wechsel sind stets einige Umwälzungen in der Reihenfolge und der Art der Zusammenstellung verbunden, die diesmal besonders krass auffielen. Nun gut! Obwohl Jerry Haymes seine erste Sendung mit einer kleinen Panne begann, versprechen die folgenden aber trotzdem recht interessant zu werden. Und hier nun die Rangfolge "unserer" Hitparade:

1. DON'T WORRY - MARTY ROBBINS Columbia
2. YOUR OLD LOVE LETTERS - PORTER WAGONER RCA Victor
3. NORTH TO ALASKA - JOHNNY HORTON Columbia
4. WHAT ABOUT ME - DON GIBSON RCA Victor
5. HELLO WALLS - FARON YOUNG Capitol
6. GOSH, I MISS YOU ALL THE TIME - JIM & JESSE McREYNOLDS Columbia
7. BEFORE THIS DAY ENDS - EDDY ARNOLD RCA Victor
8. LIKE ALL THE OTHER TIMES - MARTY ROBBINS Columbia
9. WINGS OF A DOVE - FERLIN HUSKY Capitol
10. FROM HERE TO THERE TO YOU - HANK LOCKLIN RCA Victor
11. POOR LITTLE JIMMIE - HANK SNOW RCA Victor
12. ONLY ONE MINUTE MORE - GEORGE MORGAN Columbia
13. FORTY SHADES OF GREEN - JOHNNY CASH Columbia
14. THE BLIZZARD - JIM REEVES RCA Victor
15. GIRL IN SASKATOON - JOHNNY CASH Columbia

Entgegen der Übersicht der Monate Januar bis März weist obige Hitparade einige grosse Veränderungen auf, denn von den 12 Hits des ersten Vierteljahres konnten sich 8 nicht mehr plazieren. Eine grosse Überraschung war Marty Robbins "Don't Worry", der in den vergangenen 13 Wochen allein 8mal den 1. Platz belegte. Das war bei uns in diesem Jahr der erste durchschlagende Erfolg. Achtmal Platz l, einmal 2, dreimal 3 und einmal 4 sicherten ihm einen souveränen ersten Rang in unserer Gesamtwertung. - Ich schloss meine letzte Betrachtung mit den Worten, dass ich dem Porter Wagoner-Hit "Your Old Love Letters" in den nächsten Wochen eine grosse Chance einräumen würde. Nun, er hatte dank seines guten Arrangements in den Spitzenkampf eingreifen können. So war es nicht verwunderlich, dass er 6mal den 2. Platz und dreimal den 3. Platz in der Hitparade von AFN belegte. Leider - man kann es nicht scharf genug betonen - verschwand er aber nach der Uebernahme durch AFN Frankfurt ganz aus dem Spitzenfeld. Wir waren überrascht und gleichzeitig enttäuscht. - Johnny Hortons "North To Alaska" gelang der Sprung vom 6. auf den 3. Rang obiger Aufstellung. Anfang April belegte er mit diesem Song noch zweimal den ersten Platz, bevor er von Marty Robbins "Don´t Worry" endgültig abgelöst wurde. Viele Hörer vermochten sich allerdings nur schlecht von diesem Lied zu trennen und so überrascht es nicht, dass "North To Alaska" in der zweitletzten Juni-Woche abermals den 5. Platz in der AFN-Hitparade erreichen konnte. - "Hello Walls" von Faron Young erscheint im 5. Rang. Hier möchte ich meiner Verwunderung Ausdruck geben. Es ist mir fast unverständlich, dass dieser herrliche Song nur geradezu auffällig langsam die Erfolgsleiter emporkletterte. "Hello Walls" hat die besten Chancen Top Hit des nächsten Vierteljahres zu werden. - Johnny Cash mit "Forty Shades Of Green" bewegt sich ein wenig auf der Pop-Ebene, während Hank Snow besser beraten gewesen wäre in seinem "Poor Little Jimmie", auf die bewährte Unterstützung der Rainbow Ranch Boys zurückzugreifen. - Mein Pick Hit der nächsten Zeit heisst indes: "Hello Walls". Damit: Auf Wiedersehen bis zum Erscheinen der Novemberausgabe!
Aus "Drifters´ Roundup" des Ole Hillbilly Drifters Fan-Club Nummer G 4 vom August 1961

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Hans Harald Koopmann aus Hamburg berichtete über "Meine grosse Tour". Hier einige Auszüge, die die verschiedenen Radioprogramme mit Country Music betrafen: "Am 25. Mai 1961 ging es los. Zuerst fuhr ich nach Bremen zu Günter Findeisen, Vertreter des englischen Hillbilly-Folk Record Collectors´ Club. Günter holte mich am Bahnhof ab, und wir verbrachten anschliessend einen netten Abend mit viel C&W-Musik und hörten uns zugleich die von Günter selbst zusammengestellte Sendung von Radio Bremen "Hillbilly Jamboree" an, die ich zu den besten C&W-Programmen, welche ein deutscher Sender je ausgestrahlt hat, zähle......Von Waiblingen aus fuhr ich am nächsten Tag via Stuttgart - Ulm - Augsburg nach München/Gräfelfing zu Helmut Buche und Peter Schindlauer. München - die Bier-Hauptstadt der Welt - gefiel mir sehr gut und mit Helmut zusammen hatte ich die Gelegenheit, Bill Sellers im Studio des AFN kennen zu lernen. Über eine Stunde verweilten wir bei Bill Sellers. Bill bittet alle Clubmitglieder, ihm ein Bild von Euch zu senden, da er Euch gerne auf diese Weise kennen lernen möchte.
Aus "Drifters´ Roundup" des Ole Hillbilly Drifters Fan-Club Nummer G 4 vom August 1961

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Die C&W HITPARADE - Monate Juli - November 1961
Von Hauke Strübing

Fünf Monate sind nach Aufstellen der letzten C&W Hitparade vergangen. In dieser Zeit hat sich auf dem Gebiet der C&W-Music viel verändert. Von den 15 Plazierten der letzten Übersicht sind nur noch 3 Songs vertreten, nämlich "Hello Walls", "From Here To There To You" und "Poor Little Jimmie". Das Angebot an guten Liedern ist während der Sommermonate so gross gewesen, dass sogar der Umfang der Hitparade vergrössert werden musste. Hier nun die Rangfolge unserer DRIFTERS´  ROUNDUP Hitparade:

1. I FALL TO PIECES - PATSY CLINE Decca
2. TENDER YEARS - GEORGE JONES Mercury
3. A LITTLE BIT´S BETTER - FRANKIE MILLER Starday
4. BLACKLAND FARMER - FRANKIE MILLER Starday
5. HAPPY BIRTHDAY TO ME - HANK LOCKLIN RCA Victor
6. BALLAD OF WIDDER JONES - GEORGE HAMILTON IV RCA Victor
7. HILLBILLY HEAVEN - TEX RITTER Capitol
8. IT'S YOUR WORLD - MARTY ROBBINS Columbia
9. SWEET LOVIN' - CLAUDE KING Columbia
10. HELLO WALLS - FARON YOUNG Capitol
11. THE RESTLESS ONE - HANK SNOW RCA Victor
12. SEA OF HEARTBREAK - DON GIBSON RCA Victor
13. BACKTRACK - FARON YOUNG Capitol
14. THREE HEARTS IN A TANGLE - ROY DRUSKY Decca
15. FROM HERE TO THERE TO YOU - HANK LOCKLIN RCA Victor
16. BEGGAR TO A KING - HANK SNOW RCA Victor
17. POOR LITTLE JIMMIE - HANK SNOW RCA Victor
18. RUBY'S SONG - THE LOUVIN BROTHERS Capitol
19. SWEET LIPS - WEBB PIERCE Decca
20. HONKY TONKITIS - CARL BUTLER Columbia

Der erfolgreichste Song während der vergangenen Monate war zweifellos PatsyClines "I Fall To Pieces". Mit weitem Abstand liegt er an der Spitze der Aufstellung vor George Jones "Tender Years". George gelang es nach etwa 3 Jahren ("White Lightning" ) mit diesem Lied endlich wieder, einen grossen Hit in den Staaten und in Europa zu landen. Nach dem Wechsel von Mercury zu United Artists hoffen wir, dass er auch dort mit gutem Material aufwarten wird! - Eine grosse Überraschung war Frankie Millers - bereits vor 3 Jahren aufgenommener Song - "Blackland Farmer", der in unserer Aufstellung zwar nur den 4.. Rang einnehmen kann, aber in den Hitparaden des AFN 1mal den ersten Platz und 2mal den 2. Platz innehatte. Sogar einen Rang besser ist seine neueste Aufnahme "A Little Bit 's Better". Lange hatten wir von Frankie Miller nichts gehört, um so erfreulicher ist deshalb sein grosser Doppelerfolg. - Einer der beständigsten Sänger im C&W-Field ist Hank Locklin. Sein Erfolgslied "From Here To There To You" wurde von 2 neuen guten Songs abgelöst: "Happy Birthday To Me" und "You're The Reason" , welche auf derselben Single-Platte enthalten sind. Der von Bill Andersen geschriebene Birthday-Song scheint der beliebtere zu sein und nahm in der AFN Hitparade 2mal den Platz l ein. Die vielen Zuschriften sorgten dafür, dass er in unserer Aufstellung den 5. Rang einnimmt. - Ewige zweite Geige spielte indes für längere Zeit George Hamilton IV mit "Ballad Of Widder Jones". Dieses Lied stellt in seinem Stil und Arrangement etwas Neuartiges dar. Vielleicht war das auch der Grund für das relativ schlechte Abschneiden. Wahrscheinlich hätte George bei uns grösseren Anklang gefunden, wenn die Rückseite zu dieser Aufnahme - "Three Steps To The Phone" - bei uns genügend bekannt gewesen wäre. - Es folgen Tex Ritters "Hillbilly Heaven", lediglich ein schwacher Abklatsch der uns bekannten Anita Carter-Version, und "It's Your World",  Marty Robbins grosser  Pop-Erfolg. Vom einst so grossen Teardrop-Kid ist leider nicht mehr allzuviel übriggeblieben! - Neben den in den Rängen 11, 13, 14, 19 und 20 genannten Liedern werden in nächster Zeit auch noch "Soft Rain" (R. Price), "I Know" (H. Snow), "Our Mansion Is A Prison" (K. Wells) und "The Comancheros" (C. King) sowie Johnny Cashs "Tennessee Flat Top Box" hinzukommen. Mein Pick Hit für die nächsten Wochen lautet hingegen: "The Restless One" von Hank Snow.
Aus "Drifters´ Roundup" des Ole Hillbilly Drifters Fan-Club Nummer G 5 vom November 1961

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