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Zum 100. Geburtstag:
BOB WILLS
Von Ulrich Rechau
 

“No Matter Who’s In Austin, Bob Wills Is Still The King“ sang Waylon Jennings im Jahre 1975 ganz zu recht. Bob Wills gilt als Vater des Western Swing. Am 06. März wäre er 100 Jahre alt geworden. Dieser “runde Geburtstag“ ist Anlass genug, sein Leben einmal zu beleuchten. 

In vielen Biographien wird Bob Wills als Erfinder des Western Swing beschrieben. Das dürfte nicht ganz richtig sein. Von Jazz und Swing begeisterte Musiker im ländlichen Texas begannen vor Bob Wills damit zu experimentieren. Somit könnte man ihn als den “großen Bruder des Western Swing“ bezeichnen. Bob Wills schuf eine Synthese aus Countrymusic und Big Band Swing. Diese Spielart der Countrymusic machte er weit über die Grenzen von Texas hinaus bekannt. 

James Robert Wills wurde am 06. März 1905 in der Nähe von Kosse/Tx geboren. Dieses kleine Städtchen befindet sich im Limestone County südöstlich von Waco/Tx. Bereits in seiner Kindheit lernte er Mandoline, später Fiddle. Im Alter von zehn Jahren hatte Bob Wills seinen ersten öffentlichen Auftritt. Diese Darbietungen fanden überwiegend am Wochenende vor Ranchern und Cowboys statt, wobei selbstverständlich auch getanzt wurde. Später ging Bob als Wandermusiker auf die Reise. 1929 hatte er bei der Radiostation WBAP in Fort Worth/Tx seinen ersten Rundfunkauftritt mit zwei anderen Musikern. Obwohl es dafür eine Gage gab, reichte diese nicht für den Lebensunterhalt. So mußte sich Bob Wills mit verschiedenen Tätigkeiten über Wasser halten. 

Im selben Jahre lernte Bob Wills in Fort Worth/Tx Herman Arnspiger kennen, mit dem er ein Duo gründete. Am 01. November 1929 machten beide bei Brunswick Records die ersten Schallplattenaufnahmen: “Wills Breakdown“ und “Gulf Coast Blues“. Diese Singles wurden leider nie veröffentlicht. Im folgenden Jahr bekamen Bob und Herman regelmäßig Auftritte beim Sender KTAT, der ebenfalls in Fort Worth beheimatet ist. Hier trafen Bob Wills und Herman Arnspiger auf die Brüder Milton und Durwood Brown. Sie bildeten gemeinsam ein erfolgreiches Quartett, das sich “Aladdin Laddies“ nannte. Die Gruppe hatte eine regelmäßige Radiosendung, die von der Beleuchtungsfirma “Aladdin Lamp Company“ finanziert wurde. 

1931 bekamen die vier Musiker einen neuen Sponsor, den Mehlhersteller “Burrus Mill“. Für diese Firma sollten Bob Wills und seine Musiker Werbung für die Mehlsorte “Light Crust Flour“ machen. Die Gruppe nannte sich von da an “Light Crust Doughboys“. Der Chef von “Burrus Mill“, W. Lee O’Donnel mochte die Musik von Bob Wills und seine Musikern zuerst nicht, gab ihnen dann aber eine Dauerbeschäftigung in seiner Mehlmühle. Die Radioshow der “Light Crust Doughboys“ entwickelte sich zu einer populären Sendung in Texas. Bei der Schallplattenfirma “Victor“ wurden am 09. Februar 1932 zwei Titel aufgenommen: “Nancy Jane“ und “Sunbonnet Sue“. Später trennte sich Milton Brown von der Gruppe und formierte die Band “Milton Brown And His Musical Brownies“. Der Grund: W. Lee O’Daniel verbot den “Light Crust Doughboys“ Auftritte bei Tanzveranstaltungen, worauf Milton Brown aus finanziellen Gründen nicht verzichten wollte. Er wurde durch den Sänger Tommy Duncan ersetzt. Brown’s Band entwickelte sich zu einem ernsthaften Rivalen. 1936 verunglückte Milton Brown tödlich bei einem Autounfall. Dieser tragische Umstand ebnete den Weg zu Bob Wills’ Ruhm. 

Zurück zu Bob Wills in das Jahr 1933. Auch er hatte Differenzen mit W. Lee O’Daniel. Wegen Trunkenheit und mehrfachen Abmahnungen wurde Bob entlassen. Danach gründete er die legendäre Formation “Bob Wills And The Texas Playboys“. Gründungsmitglieder neben ihm waren Bruder Johnny Lee Wills, June Whalin, Kermit Whalin und Tommy Duncan. 1934 wechselte die Band ihren Standort zuerst nach Oklahoma City, anschließend nach Tulsa/Ok. Hier entwickelten sich die “Texas Playboys“ musikalisch weiter. Bob Wills engagierte mehr Musiker und näherte sich mehr dem Big Band Sound. Mit der Verschmelzung von Country, Swing und Jazz machte Bob Wills seine Band zu einer Spitzenformation im amerikanischen Süden der dreißiger Jahre. Zu den “Texas Playboys“ gesellten sich noch der Steelgitarrist Leon McAuliffe, der Fiddler Jesse Ashlock und der Pianist Al Stricklin. 

Ab 1935 wurden bei “Brunswick Records“ Schallplattenaufnahmen gemacht. Darunter befanden sich “Spanish Two Step“ (1936), “Steel Guitar Rag“ (1937) und “Maiden’s Prayer“ (1938). Der Klassiker San Antonio Rose“ wurde 1938 zuerst als Instrumental aufgenommen. Mit Blechinstrumenten wie Posaune und Trompete entstand für die damalige Zeit ein regelrecht revolutionärer Countrysound. Bob Wills entwickelte sich dabei zu einem Entertainer. Unvergessen sind seine berühmten “Ah Haas“, mit denen er die Solisten anfeuerte. Dieses “Ah Haah“ ist bis heute Bob Wills’ Erkennungszeichen geblieben. 

Die Besetzung der “Texas Playboys“ im Jahre 1935 war: Bob Wills (Fiddle),Johnny Lee Wils (Banjo), Herman Arnspiger (Gitarre), Jesse Ashlock (Fiddle), Lee “Smokey“ Dacus (Schlagzeug), Tommy Duncan (Gesang), Art Haines (Fiddle/Posaune), C.G. “Sleepy“ Johnson (Gitarre/Banjo), Son Lansford (Bass), Leon McAuliffe (Steelgitarre), “Zeb“ McNelly (Saxophon), Ruth McMaster (Fiddle) und Al Stricklin (Piano). In der Zeit von 1935 bis 1968 hatten die “Texas Playboys“ 150 (!!) verschiedene Mitglieder, darunter Persönlichkeiten wie Lloyd Green, Johnny Gimble und Buddy Spicher

Trotz aller Blasinstrumente blieben Steelgitarre und Fiddle in Vordergrund. Berühmt waren die Auftritte von “Bob Wills And The Texas Playboys“ im “Cain’s Ballroom“ in Tulsa/Ok. 1940 kamen noch fünf Saxophone, zwei Klarinetten und zwei Trompeten dazu. Ein Jahr später nahm Bob Wills sein “San Antonio Rose“ nochmals auf. Mit Gesang wurde es als “New San Antonio Rose“ nochmals veröffentlicht, was bis heute zu einem unsterblichen Klassiker geworden ist. Große Aufnahmen dieses Zeitraums waren musikalische Juwelen wie “Take Me Back To Tulsa“ (1941) und “Home In San Antone“ (1943). Die große Zeit der “Texas Playboys“ ging Anfang der vierziger Jahre zu Ende. 

Als erster verließ Tommy Duncan die Band, weil er sich freiwillig zur Armee meldete. Danach wurden weitere Musiker eingezogen. 1943 mußte Bob Wills seine Band auflösen, weil er selbst zum Militär einberufen wurde.  Nach einigen Monaten wurde er mangels körperlicher Eignung  wieder entlassen. Im September 1943 ging Bob Wills nach Kalifornien. 1944 baute er seine Band wieder auf und begann bei “Okeh Records“ aufzunehmen. Im gleichen Jahr hatte Bob Wills mit 22 (!) Musikern und zwei Sängern seine größte Formation. Leider gibt es von dieser Konstellation keine Schallplattenaufnahme. Am 08.Januar 1944 erschien die erste Ausgabe der “Billboard Country Hitparade“. Mit der Neuveröffentlichung von “New San Antonio Rose“ kamen Bob Wills und seine “Texas Playboys“ gleich in der ersten Woche auf den dritten Platz. Seine erste Nummer Eins war “Smoke On The Water“. 1945 wechselte Bob Wills zu “Columbia Records“. Große Hits auf diesem Label waren unter anderen “New Spanish Two Step“ (1946, Neuveröffentlichung der Aufnahme von 1936), “Roly Poly" (1946) und “Sugar Moon“ (1947). 1948 wechselte Bob Wills wieder die Plattenfirma, er unterschrieb bei “MGM“. Die Erfolge ließen in den weiteren Jahren nach. Bei “Capitol/Liberty“ hatte Bob noch drei kleine Hitparadenerfolge. Bedingt durch seinen Gesundheitszustand machte Bob Wills am 03. Dezember 1973 unter erschwerten Bedingungen seine letzte Schallplattenaufnahme. Seine letzte Notierung in der Hitparade war 1976 “Ida Red" auf Rang 99. Am 18. Oktober 1968 wurde er in die “Country Music Hall Of Fame“ aufgenommen. 

In der Zeit von 1935 bis 1942 war Bob Wills fünfmal verheiratet. 1945 heiratete er seine sechste Frau. Die Ehe hatte bestand. Später in den sechziger Jahren stellten sich bei Bob Wills Gesundheitsprobleme ein. Er erlitt zwei Herzanfälle. Danach gab er die Leitung der “Texas Playboys“ auf, setzte aber mit Plattenaufnahmen fort. 1969 erlitt Bob Wills einen Schlaganfall, vom er sich nicht mehr erholte. Nach einem zweiten Schlaganfall starb er am 13. Mai 1975. 

Bob Wills setzte mit seinen “Texas Playboys“ musikalische Maßstäbe. Walter Fuchs nennt ihn in seinem neuen “Buch der Countrymusic“ den “Benny Goodman des Western Swing“. Heute wird die Tradition des Western Swing von Ray Benson und seiner Band “Asleep At The Wheel“ fortgesetzt. In Nashville bildete eine Gruppe von Studiomusikern die Formation “Time Jumpers“, die die Fahnen des Western Swing hoch hält. Auch Countrystars wie zum Beispiel George Strait haben immer mal wieder einen Western Swing im Repertoire. Somit lebt diese dynamische Spielart der Countrymusic zumindest “auf Sparflamme“ weiter.