Ein besonderes
Erlebnis
Die Grand Ole Opry am 5. April 2002
Text und Bilder: Hauke Strübing
Lange, lange war dieser Trip nach Nashville
vorbereitet, eigentlich schon seit Jahren. Der Grund dafür war ein einziges
Lied, das zwar an diesem Abend im Grand Ole Opry-Haus nicht gespielt werden
würde, das aber mal schlappe 50 Jahre früher entstand - auch nicht an gleicher
Stelle, immerhin auch während einer Vorstellung der
Opry in Nashville, Tennessee, die damals noch im Ryman Auditorium stattfand. Das Lied heißt "The Old Country Church". Und
gesungen wurde es am 5. April 1952 von
Hank Williams und
Little Jimmy Dickens.
Nur ein einziges Mal an jenem Tag vor 50 Jahren und dann nie wieder.
Grund genug für mich, mal wieder etwas außerhalb der Reihe zu tun. Wie schon
damals, als der inzwischen verstorbene
Tommy Collins am 24. April 1987, an einem
Freitag also, in der Frankfurter Festhalle bei einem der Country Festivals jener
Jahre auftrat. Auch das war so ein Moment: Ich fuhr nach Frankfurt, er sang ab
19.50 Uhr seine 7 Lieder, und ich hatte das außergewöhnliche Erlebnis, ihn
wenigstens einmal in meinem Leben live zu erleben, und dann ging´s ab nach
Hause.
Der 5. April 2002 übte auf uns einen ähnlichen Zwang aus: Wir mußten an diesem
Freitag unbedingt im Ryman Auditorium sitzen! Fast 10 Jahre dachten wir daran,
und zum Schluß bereiteten wir uns entsprechend vor. Im Reisegepäck ein
CD-Player mit Lautsprechern und eine eigens zusammengestellte CD
mit der Aufnahme "The Old Country Church", die im Ryman erklingen sollte.
Verrückt, nicht? Aber so geschah es dann. Oben auf der Confederate Gallery
drückte ich auf den Knopf, und
Hank Williams und
Little Jimmy Dickens sangen
ihre "Old Country Church" - sogar mehrmals. Vielleicht haben es einige andere
Besucher im Ryman auch mitbekommen, den Grund für diese Aktion haben sie
sicherlich nicht verstanden. Als wir den Damen im Ernest Tubb Record Shop am
Music Valley Drive zwei Tage später davon erzählten, haben wir uns alle köstlich
amüsiert und herzlich gelacht. Den Tag werden wir auf jeden Fall nicht
vergessen.
Nach der Ryman-Aktion ging´s abends ins Grand Ole
Opry-Haus am Briley Parkway. Das war der krönende Abschluss eines aufregenden Tages.
Nun können wir inzwischen zwar nicht mehr nachvollziehen, wie oft wir die Sitze in
der Opry seit April 1977 gedrückt haben. Dieser 5. April 2002 wird uns deshalb aus einem
weiteren Grund dauernd in Erinnerung bleiben. Der Abend war nämlich eine große
Erfahrung. Waren die ersten Jahre in der Opry sozusagen unsere
Erlebnisjahre, weil man die alte Garde der Country-Größen live erleben
konnte - angefangen bei Roy Acuff über Hank Snow, Porter Wagoner, Bill Anderson,
Stonewall Jackson, Bill Monroe, Grandpa Jones, The Wilburn Brothers, Justin
Tubb, Hank Locklin und, und .... Später
dann in den darauffolgenden Jahren gewannen wir mehr und mehr den Eindruck, einem auf der Bühne
singenden Seniorenclub zuzuhören, und das Interesse schwand sachte dahin. Nur
einmal - als
Alan Jackson am 2. März 1996 in der 2. Show dieses Abends auftrat -
kam ein bisschen Bewegung in das Erlebnis "Grand Ole Opry" und irgendwie
erinnerte mich das alles an meinen Tommy Collins-Vorfall anno 1987: Um 21.30 Uhr
trat
Porter Wagoner auf (sein Knie ist Legende, zeigt er aber neuerdings nicht
mehr, es liegt wohl am Alter), nach ihm dann
Alan Jackson und
Tracy Byrd. Kurz
nach 22.00 Uhr suche ich mein Auto auf dem weitläufigen Parkplatz des
Opryland-Geländes und ab durch die Mitte. Ich hatte ihn endlich auf der Bühne
erlebt, den großen
Alan Jackson.
So um die 20$ hat mich der Spaß an jenem Abend gekostet. Ein stolzer Preis für
30 Minuten inklusive Knie von
Porter Wagoner
und natürlich seinen Mikrofon-Segen! Whatever,
was soll´s, den Alt-Herrenclub hatte ich am selben Abend schon einmal bewundert.
Das reichte dann.
Im Jahr 1996 beobachteten wir erstmals einen Wandel im Konzept der Opry.
Neben
der älteren Garde traten mehr und mehr Sänger und Sängerinnen auf, deren Lieder
in den Hitparaden standen, deren Lieder im Radio gespielt wurden und deren CDs
sogar aktuell waren. Unvergessen auch jene Vorstellung der Opry am 28. September 1996 mit
Martina McBride und
Garth Brooks. Jawohl,
Mr.
Garth Brooks himself! Hinreißend wie er
- sich
selbst auf der Gitarre begleitend - das Opry-Haus zum Kochen brachte. Seine Band hatte er
zuhause gelassen, weil sein Drummer seinen Sohn zu einem Football-Spiel
begleiten mußte, sagte er. Das war wirklich gut so, sonst hätten wir Garth Brooks nie
als das
erlebt, was er eigentlich ist: als Country-Sänger.
Vielleicht hatten wir dann am 5. und 6. April
2002 besonderes Glück mit den drei Grand Ole Opry-Shows: die
Clark Family
Experience,
Shannon Lawson
und
Dan Seals
traten auf,
Mel McDaniel, Josh Turner
und
Trick Pony
auch,
und
Neal McCoy, Brad Paisley, Clay Walker, Trace Adkins, Irene Kelley und Brooks &
Dunn an zwei Abenden zu erleben - das
war schon ... wie sagt man? Das war Country Heaven! Und dazu natürlich
Porter Wagoner,
der inzwischen 95jährige
Bill Carlisle, Little Jimmy Dickens, Jimmy C. Newman,
Jim Ed Brown, Stu Phillips und
Bill Anderson u.a. Insbesondere das Show-Segment
von 21.30 bis 22.00 Uhr an jenem 5. April 2002 blieb uns in Erinnerung mit den
Riders In The Sky als Hosts, mit
Neal McCoy und mit
dem umjubelten Brad Paisley. Die Stimmung
war am Höhepunkt angekommen.
Brad Paisley, der Jungstar der Country Music, zog
alle Sympathien der Zuschauer auf sich, der mit seiner Musik eben alles das
gibt, was die Seele eines Country Anhängers anspricht: Country!
Bill Anderson
brachte die derzeitige Country-Problematik mit seinem Lied "Too Country" vor zwei Jahren
auf den Punkt. Und
es war nur folgerichtig, daß der COUNTRY-Sänger
Brad Paisley das Lied
aufnahm und (gemeinsam mit George Jones, Buck Owens und Bill Anderson) damit
erfolgreich war (CD "Part II" Arista/BMG 07863-67008-2).
Brad Paisley ist die
personifizierte Fortsetzung der Country-Tradition eines
George Jones, eines
George Strait, eines
Randy Travis, eines
Alan Jackson. Sänger wie
Brad Paisley
machen die Grand Ole Opry-Besuche heute wieder attraktiv. Sie machen die Country Music
überhaupt wieder interessant - und hörenswert!
Zu den Bildern:
Blick auf die Bühne des Ryman Auditoriums. Die Garth Brooks-Aufnahme entstand
während seines Auftritts am 28. September 1996 im Grand Ole Opry-Haus. Brad
Paisley ebenfalls im Grand Ole Opry-Haus auf der Opry-Bühne am 5. April 2002.
Info:
Mehr über Brad Paisley auf der Brad Paisley Fan Page
www.bradpaisley.de