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 Die Country-Tragödie vom 5.3.1963
 
Von Hauke Strübing

"Tragedy strikes Music Industrie - Crash, wreck claim famous stars" - mit diesem Titel erschien am 16. März 1963 der MUSIC REPORTER, der damals wohl einzigen in Nashville produzierten Musik-Zeitschrift in den USA, die sich zudem hauptsächlich mit dem Genre Country Music befaßte. In verschiedenen Artikeln befaßte sich das Wochenblatt mit dem Tod von Patsy Cline, Hawkshaw Hawkins, Cowboy Copas und Randy Hughes und mit den Umständen, wie es zu dem Flugzeugabsturz am 5. März 1963 kam. In dieser Zeit beschäftigte ich mich mit der Herausgabe der damals einzigen deutschen Country-Zeitschrift (im Eigenverlag), mit der European Hayride. In der Ausgabe Nummer 5 (1. Jahrgang) vom April 1963 widmete ich den Großteil des Heftes der vorangegangenen Katastrophe. Im Rückblick kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, wie schwierig es war, an Informationen über derlei Ereignisse zu gelangen. Zwar meldete AFN die Nachricht vom Tode der Country Künstler, die damals alle in die Kategorie Country Stars einzuordnen waren, recht schnell. Die Umstände des Absturzes und weitere Einzelheiten sickerten jedoch nur langsam durch. Und als AFN dann auch noch den Unfalltod von Jack Anglin einige Tage später meldete, löste das zunächst eine Schockwirkung aus. Der Beitrag in der European Hayride "In Memoriam Patsy Cline - Hawkshaw Hawkins - Cowboy Copas - Jack Anglin - Randy Hughes" stützte sich damals vor 40 Jahren weitgehend auf die Berichterstattung im MUSIC REPORTER.

Die WSM Grand Ole Opry-Stars Patsy Cline, Hawkshaw Hawkins, Cowboy Copas und der Manager-Musiker Randy Hughes starben am Dienstag, 5. März 1963 (amerikanische Zeit) ungefähr um 7 Uhr abends, eine Stunde nachdem sie zuletzt gesehen worden sind, bei einem Flugzeugunglück. Die Überreste des Piper-Commanche-Viersitzers, in dem die Sänger flogen, wurde nach langem Suchen völlig zerstört etwa 90 Meilen westlich von Nashville/Tennessee gefunden.

Eine Stunde nach ihrem Start wurden Notrufe empfangen. Nach weiteren 10 Stunden wurde bekannt, daß das Wrack geortet sei. Suchtrupps hatten es nach langem Suchen gefunden. Die Insassen konnten nur an Hand von vereinzelten Kleidungsstücken identifiziert werden. Ein Helfer, der den Unglücksplatz zuerst entdeckte, sagte der Polizei: "Ich habe beinahe einen Nervenzusammenbruch erlitten, als ich es sah. Es war furchtbar."

Music City Nashville/Tennessee trauerte um seine Toten. Radioansager unterdrückten ihre Tränen, als sie verhalten die Nachricht vom Tode der vier Sänger durchgaben. Die Radiostation WSM stellte eine Gedenksendung zusammen. Ralph Emery widmete seinen "All Night C & W Showcase" den Verstorbenen. Tennessees Gouverneur Frank Clement, der ein persönlicher Freund der Verunglückten war, erklärte: "...the entertainment world suffers a great professional loss. Tennessee suffers a great personal loss." Während der Sitzung des Parlaments wurde eine Gedenkminute eingelegt. Das Musikleben in Nashville schien erloschen.

Alle Verstorbenen hinterließen eine Familie. Am schwersten hat es die Copas-Familie getroffen. Cowboy Copas hinterließ eine Witwe, Tochter Cathy und zwei Söhne im Alter von 19 und 12 Jahren. Randy Hughes war mit Cathy Copas verheiratet. Jean Shepard brach zusammen, als man ihr die Nachricht von dem Tod ihres Mannes Hawkshaw Hawkins überbrachte. Beide haben einen 2jährigen Sohn sowie eine adoptierte Tochter. Die erst 29jährige Patsy Cline hinterließ ihren Ehemann Charles Dick und einen Sohn (2) sowie eine Tochter (4).

Cowboy Copas und Randy Hughes wurden am Freitagmorgen, 3 Tage nach dem Unglück zu Grabe getragen. Hawkshaw Hawkins Beerdigung war für einige Stunden später angesetzt. Die Trauerfeier für Patsy Cline wurde bereits am Donnerstag abgehalten, da ihre sterblichen Überreste anschließend nach Winchester, Virginia, ihrem Geburtsort, überführt werden sollten. Erschüttert nahm man nach Beendigung der Trauerfeier für Patsy Cline Kenntnis vom Tod von Jack Anglin. Man vermutet, daß der Sänger auf dem Wege zu dieser Trauerfeier war, als sich sein Wagen nur wenige Kilometer vor Nashville in einer Kurve überschlug und anschließend gegen einen Baum prallte. Jack Anglin verstarb während des Transports zum Krankenhaus. Kitty Wells und Johnnie Wright - letzterer war mit dem Verstorbenen beruflich und familiär eng verbunden - erfuhren von dem Tod, als sie die Nashviller Friedhofskapelle verließen.

Patsy Cline, Cowboy Copas, Hawkshaw Hawkins und Randy Hughes befanden sich auf dem Rückflug von einer Wohltätigkeitsveranstaltung für den am 21. Januar 1963 ums Leben gekommenen C & W DeeJay "Cactus" Jack Call. In der von Hap Peebles in Kansas City arrangierten Show traten außer den Verunglückten noch Roy Acuff, Wilma Lee & Stoney Cooper, Dottie West, Ralph Emery, George Jones, George Riddle und Billy Walker auf. Billy Walker hatte Glück im Unglück, als er sich kurz vor Abflug der Unglücksmaschine entschied, statt mit der Piper-Commanche Privatmaschine mit einer regulären Verkehrsmaschine nach Nashville zurückzukehren.

Das Unglück ereignete sich fast auf den Tag vor vier Jahren nach dem Flugzeugabsturz, bei dem Buddy Holly, J. P. (Big Bopper) Richardson und Ritchie Valens ums Leben kamen.

In einer ersten Verlautbarung sagte Grand Ole Opry Manager Ott Devine, dass dies das erste Mal in der Geschichte der Grand Ole Opry gewesen sei, dass Grand Ole Opry-Sänger auf dem Wege zu einer oder von einer Grand Ole Opry-Show tödlich verunglückt sind. Und das trotz ungefähr 9 Millionen Meilen, die die Grand Ole Opry-Stars bei rund 3000 Shows pro Jahr zurücklegen müßten. STARDAY-Records brachte noch am 6. März 1963 eine Single mit Cowboy Copas heraus, die bereits im Februar produziert wurde, von der man aber nicht ahnte, dass es seine letzte sein würde. Zuerst veröffentlicht in EUROPEAN HAYRIDE, April 1963, Ausgabe Nr. 5, 1. Jahrgang

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