Der Texas Sound
Man sollte aber wohl besser sagen als aktualisierter Begriff in die Country
Music einging. Denn der Texas Sound ist bei weitem nicht etwa eine Erfindung der
70er Jahre: die texanischen Einflüsse sind bis in die 20er Jahre
zurückzuverfolgen. Die wachsende Filmindustrie verschaffte den Texanern Tex
Ritter, Gene Autry und den Nicht-Texanern Tex Williams, Johnny Bond und Jimmy
Wakely nationalen Ruhm. Mit ihren Western Songs überflügelten die "Singing
Cowboys" in den 30er Jahren die Popularitätskurve der rustikalen
"Hillbilly"-Music. Und aus Texas auch lieh man sich das Cowboy-Image als äußeres
Erscheinungsbild aus (in den USA längst zwangsweise und aus Imagegründen
verbannt, bei uns - wie eingangs aufgezeigt - das Aushängeschild mit
Signalwirkung).
In den 40er Jahren floß der "Honky-Tonk"-Stil in die Country Music ein, "ein
Stil, der in der Tavernen-Atmoshpäre (von Texas) entstand und von dort in die
Aufnahmestudios übertragen wurde" (Bill Malone, COUNTRY MUSIC U.S.A.). Dieser
Honky-Tonk-Sound unterschied sich hauptsächlich in der Instrumentierung vom
Hillbilly-Sound des Südostens. Sein Instrumentierungsgrundschema: Rhythm Guitar,
Bass, Piano, Fiddle und Steel Guitar. Und nicht zuletzt stand auch die Wiege des
Western Swing in Texas, der sich allerdings im Gegensatz zum Honky-Tonk-Stil
(kleine Instrumentalgruppe) von Anfang an auf "Big Band"-Ebene entwickelte.
Schließlich basierte auch der klassische Sound der frühen 50er Jahre auf dem
Texas Sound und musikalischen Einflüssen aus Louisiana. Die LOUISIANA HAYRIDE in
Shreveport, La (fast an der Grenze zu Texas), war lange neben der GRAND OLE OPRY
in Nashville eine der Country-Zentralen in den USA.
Natürlich präsentiert sich der Texas Sound der Gegenwart nicht mehr im
Honky-Tonk-Gewand vergangener Zeiten. Und ebenso falsch wäre es, den Texas Sound
als Country-Rock einzustufen. Der Texas Sound ist musikalisch vielfältiger: als
Texas Rock, als Southern Rock, als Western Swing und traditionell. Bei Waylon
Jennings treffen die härteren Rock Rhythmen auf den traditionellen
Honky-Tonk-Sound. Mit Asleep At The Wheel erlebt der Western Swing sein modernes
Comeback, während etwa Hank Thompson und auch Red Steagall die alte Tradition
weiterleben lassen. Mit Freddy Fender präsentiert sich der König der
Tex-Mex-Music. Und es mag partout kein Zufall sein, daß der Texaner Ray Price
zur Freude seiner Früh-Fans seinen swingenden Honky-Tonk-Stil auf einem neueren
Album wieder aufleben läßt.
Ein anderer Texaner (aus Corpus Christi) hält derweil Siegeszug in Europa und
speziell in England: Don Williams. Der "mit seinem musikalischen Backing
sparsame Musiker" Williams ist in keine Texas-Formel einzuordnen. Allenfalls
bietet sich der Vergleich mit dem 1964 tödlich verunglückten Jim Reeves an -
ebenfalls ein Texaner. Der Texas Sound ist der neue Trend in der Country Music.
Der letzte Stand der Dinge -
im Sommer 1977.