Zugegeben: Nicht ganz
schuldlos an diesen verschwommenen Vorstellungen über die Country Music waren
die Akteure in den USA lange Jahre selbst (ohne dabei allerdings an Deutschland
zu denken), als sie nämlich noch in den 50er Jahren bis hinein in die frühen
60er Jahre ihre Musik im Tingeltangelflitter und an Phantasie kaum noch zu
überbietenden Cowboy-Monturen vorstellten. Und als sie dann vor 25 Jahren
ansetzten, auch der Alten Welt etwas von ihrer Country-Kultur zu überlassen, kam
schließlich, was kommen musste: mit kräftig gewürzten Zutaten bemächtigte sich
der deutsche Schlager der lieblichen Melodien, vor allen Dingen aber der Cowboys
und Cowgirls und der romantischen Lagerfeueridylle. Und nun sangen nicht mehr
die Hillbillies, jene ärmlichen und teils auch ungebildeten Leute aus den
südöstlichen Bergregionen Nordamerikas, ihre einfachen und eingängigen Melodien.
Aufgemuntert durch das schillernde äußere Erscheinungsbild dieser singenden
Volkshelden verpflanzte man die ganze Szenerie hierzulande und anderswo ganz
einfach nach Arizona, Montana und Texas - und fertig war die Westernromantik.
Die Nebensache wurde bei uns zur Hauptsache, und als dann die Zeit reifte, war
der nächste Schritt nur folgerichtig: der Cowboy signalisierte fortan Country
Music.
Aber was heißt hier Country Music? Dieser Begriff war zunächst noch fremd:
"Western- und Cowboy Musik" hieß das natürlich, oder "Hillbilly und
Western-Musik". Alles etwa nach der goldenen Faustregel: "Siehste ´nen Cowboy,
haste Country Music": Ohne Rücksicht darauf, dass sich die Country Music vor
allem in den letzten zehn Jahren stilistisch geändert hat, die "Hillbilly Music"
(unter diesem Begriff wurde die Country Music hierzulande eingeführt und
bekannt) in den USA mittlerweile zu einem Fremdwort geworden ist. Die Zeiten der
Hillbilly Music sind vergangen, sie gehören schon lange in den Bereich des
Nostalgischen.
In den USA ist man längst zur Tagesordnung übergegangen, die geschäftige
Kommerzialität des Country-Music-Business hat keine Zeit mehr, Gedanken in die
Vergangenheit zu richten. Hier heißt das Motto: Country goes Pop! Country Music
ist Business. Die Überlegungen gehen in die Zukunft. Die Country Music ist eine
Industrie mit einer Fast-Milliarde-Jahresumsatz. Sie hat aus dem frühen
Country-Zentrum Nashville in Tennessee in nicht mehr als 20 Jahren das
Musik-Zentrum Nashville gemacht: das drittgrößte der Welt nach New York und Los
Angeles. Kaum noch lässt die Country Music von heute in ihrer modernsten Prägung
erraten, wie das alles einmal begonnen hat.