Typisch Amerika - der Diner
Diner hieß das Stichwort in einer meiner Sendungen
Von Hauke Strübing

Ich will Ihnen gern mal erzählen, was mich so sehr fasziniert an Amerika: Da ist zunächst einmal der Blick auf die Straßen mit dem bunten Leben, den Telefonmasten, den Stromleitungen, dem Ampelwirrwarr, den bunten Reklameschildern - und ein weiteres Stück Amerika ist eine ganz bestimmte Form eines Restaurants, der sogenannte Diner. Das ist Amerika pur. So ist es, der Diner ist für viele Amerika-Besucher der Inbegriff des typischen Amerika. Ein Diner, ein Restaurant, wie man ihn in so vielen US-Filmen immer wieder gesehen hat. Und es gibt derer noch sehr, sehr viele. Werfen Sie, wenn Sie drüben weilen, einfach mal einen Blick in das nächste Telefonbuch, und unter dem Stichwort Restaurant finden Sie diese Überbleibsel früherer Jahre und Jahrzehnte.

Eine Art Restaurant ist der Diner also, dabei ein ganz typisches. Vieles aus dem Diner ist heute allgemein geworden, zum Beispiel die sogenannten Booths, die roten, braunen oder ähnlich farbenen  kunststoffleder-bezogenen Sitzgruppen gleich in der Nähe der Theke und dann auch die Hocker entlang der Theke.

Es gibt sie also noch die echten Diners - nicht nur im Film oder im Fernsehen. Und von einem will ich Ihnen jetzt erzählen. Er steht in Houston an der Westheimer Road mit der Hausnummer 8808. Simpson´s Diner heißt er. Er ist der dritte seiner Art in Houston an dieser Stelle und wurde schon 1947 in Elizabeth, New Jersey, gebaut von der damals nach dem Krieg führenden Firma Jerry O´Mahony Incorporated.

Der Diner, der wie ein Eisenbahnwagen aussieht, auch so schmal ist wie ein Eisenbahnwagen und ebenso lang, besteht aus nichtrostendem Stahl und sehr viel Kunstlicht. Der echte Diner, wie dieser in Houston, wird in der Fabrik fix und fertig gebaut und mit sämtlichem Interieur - also mit Möbeln, Ausstattung, Töpfen und Pfannen - an den Bestimmungsort transportiert. Das Innere besteht aus einer Theke, mit Hockern davor und mit Sitzgruppen entlang der Theke, den Booths. Das Essen wird hinter der Theke für jedermann sichtbar angerichtet. Zu erkennen ist ein Diner an den rostfreien Stahlwänden und an der grellen meist farbigen Neonbeleuchtung. Das ist übrigens auch heute noch in Houston der Fall - an seinem Exterieur haben wir diesen Diner in der Westheimer Road eigentlich auch entdeckt. Ursprünglich gab es die Diners hauptsächlich an der Ostküste Amerikas. Das hing mit den Fabriken zusammen, die hier zumeist angesiedelt waren.

Obwohl die Diner den Eisenbahnwaggons sehr ähneln mit ihrer schmalen, langen Form und der Stahlaußenwand, haben sie doch nur sehr wenig mit Eisenbahnwaggons zu tun. Ihre Form war vielmehr zweckmäßig: Etwa 1872 tauchten die ersten Diners als von Pferden gezogene Wagen auf, in denen 5-Cent-Sandwiches und Kaffee auch zu Zeiten verkauft wurden, nachdem die anderen Restaurants abends schon geschlossen hatten. Diese Abendbrot-Waggons waren damals so erfolgreich und beliebt, daß man die Pferde bald im Stall ließ und die Restaurants fest an einem Ort installierte - und zwar als 24-Stunden-Restaurants. Unser Diner in Houston hat zum Beispiel auch heute noch bis Mitternacht und donnerstags, freitags und samstags bis morgens halb vier geöffnet. Nachts wie gesagt.

Nachdem sich die Diner durchgesetzt hatten, schossen die Fabriken wie Pilze aus dem Boden, die nun diese Restaurants in allen Größen und Variationen bauten. Eins hatten sie zumeist immer gemeinsam: das Aussehen eines Eisenbahnwaggons, zumindest konnte man das noch erahnen.

Wie gesagt, es gibt sie noch die Diner: Immer wieder tauchen sie in Filmen auf, und es gibt sie in der Realität. Ein Stück Amerika pur. Wie die Route 66, wie der Saguaro Kaktus in Arizona, wie die unendlich langen Straßen, die sich durch die Landschaften ziehen, wie die einspurigen Eisenbahnlinien, auf denen sich von 4 und sogar 5 Lokomotiven gezogene Wagenschlangen dahinschleppen und wie die abertausende Radio-Stationen, auf denen tagein, tagaus Country Music herausdudelt. Äh, ich wollte sagen, lupenreine Country Music zu hören ist.