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Bluegrass aktuell:
1. Internationales Bluegrass Festival in Bühl / Baden

Am 12. April 2003 fand in Bühl, Baden (Bürgerhaus Neuer Markt, Europaplatz) das erste internationale Bluegrass Festival statt. Folgende Gruppen traten auf: 

  Erste Hälfte: 14.00 - 18.00 Uhr
 
1. Groundspeed (GER)

  2
. Bluegrass
Stuff (I)
 
3. Four
Wheel Drive (NL)
 
4. Special
Consensus (USA)
          Moderation: Walter Fuchs 

  Zweite Hälfte: 19.00 - 23.00 Uhr
 
1. Four
Wheel Drive (NL)
 
2. Bluegrass
Stuff (I)
 
3. Groundspeed
(GER)
 
4. Special
Consensus (USA)
          Moderation: Walter Fuchs

 

Vier Musiker, die sich der Bluegrass Music verschrieben haben:
GroundSpeed kommt nach Bühl
Von Hauke Strübing

Mit dem holländisch-deutschen Quartett GroundSpeed kommt die renommierteste europäische Bluegrass-Band zum 1. Internationalen Bluegrass Festival nach Bühl. GroundSpeed ist 1980 in den Niederlanden gegründet worden und hatte schon nach kürzester Zeit enormen Erfolg beim Publikum. Von 1986 bis 1990 tourte GroundSpeed von Finnland bis Italien und von Tschechien bis in die USA. GroundSpeed trat gemeinsam mit Dan Crary und den Osborne Brothers auf. Unvergessen ist die Zusammenarbeit mit Bill Monroe - die allerhöchste Anerkennung, die eine Bluegrass-Formation erhalten kann, sozusagen der Segen der höchsten Institution dieses Genre. Wer Bill Monroe kannte, wer ihn beobachtete, empfindet noch heute dessen kühle Distanz und dessen extrem kritische Haltung jedem gegenüber, der mit ihm gemeinsam auf der Bühne stand. Mit Bill Monroe live auf der Bühne zu stehen, bedeutete für jeden Musiker Anspannung in jeder Sekunde  - und Erfüllung eines Musikerlebens.

Aus jenen Tagen stammen auch die zwei CDs "Do Do Dot..." (Elite Spezial 733504) von 1988 und "Charlotte´s Waltz" (Elite Spezial 733507) von 1990 Die Bluegrass Formation GroundSpeed: v.l. Ulli Siekert, Bernd Nollenberg, Matthias Malcher, Edwin Herkertals Meilensteine europäischer Bluegrass-Geschichte. Nun ist es ja so mit den Platten generell und mit der Country Music insbesondere: Je länger man sich die Musikstücke einer Zusammenstellung anhört, um so größer wird der Drang nach etwas anderem. Die Musikstücke überleben sich mit der Zeit, der Reiz eines Liedes in einem bestimmten Arrangement wird schwächer, die Musik greift sich ab. Nur die wenigsten Musikstücke behalten ihre kreative Frische. Es sind dann auch nur wenige Aufnahmen, die in ihrer ursprünglichen Form als Evergreen überstehen. Das alles trifft indes nicht auf die Bluegrass Music zu! Was die Bluegrass Music von der Country Music  generell unterscheidet. Die Bluegrass Music lebt nicht für einen Hit, sie ist kein Tagesereignis, sie ordnet sich nicht dem Zeitgeist und den jeweiligen musikalischen Bedürfnissen einer ständig auf Änderung pochenden Musikindustrie unter. Bluegrass ist eine ursprüngliche Musik - und dies unverändert bis heute.

Wenn ich mir also 13 Jahre nach Erscheinen von "Charlotte´s Waltz" die Aufnahmen von GroundSpeed in der Besetzung Ulrich Sieker, Bob Black, Matthias Malcher und Klaus Gausmann anhöre, dann bestätigt sich diese Auffassung der Zeitlosigkeit des Bluegrass. Und noch ein anderer Gesichtspunkt ist hinzuzufügen: Bezogen auf Europa und speziell Deutschland macht die Musik dieser CD deutlich, daß es überhaupt keine Rolle spielt, wo diese Musik entstanden ist. Bluegrass hat im Gegensatz zum Rest der Country Music den Vorteil, daß es weder einen amerikanischen, einen europäischen, einen britischen, einen deutschen oder was auch immer für einen Touch hat: Bluegrass ist Bluegrass, Bluegrass bleibt Bluegrass, Bluegrass Music ist authentisch. Ein Fakt, der besonders in unseren heutigen Tagen von großer Wichtigkeit ist, wo doch die Country Music im Mainstream-Bereich mehr und mehr verflacht. Bluegrass Music ist der eigentliche Bestandteil der Country Music.

Nachdem es einige Zeit still geworden war um GroundSpeed, bedingt auch durch private Veränderungen bei ihrer langjährigen Managerin Elly Müller-Pesavento, ist die Gruppe nun wieder aktiv mit Ulli Sieker, Matthias Malcher, Edwin Herkert und Bernd Nollenberg. Vier Musiker, die sich Zeit ihres Lebens der Bluegrass Music verschrieben haben, die das ehrliche Timbre der traditionellen Musik des amerikanischen Südostens transportieren, die nebst virtuoser Musik auch eine "Power-Show" mit Witz und Unterhaltung bieten.

Ulli Sieker ist einer der Gründungsväter des Bluegrass-Stils in Deutschland und brachte mit seiner frühen Band BLUEGRASS EXPRESS bereits in den 70er Jahren eine der ersten europäischen Bluegrass-LPs heraus (BLUEGRASS EXPRESS, WAM MLP 15.545). Er ist in unseren Breiten einer der viel zu seltenen Meister der Bluegrass-Fiddle sowie der Mandoline. Sein Stil und vor allem sein Ton brillieren in den Klassikern der Breakdowns und Fiddletunes, aber auch in einer Vielzahl von Eigenkompositionen. Ullis Lead-Gesang, seine Songs und auch sein Instrumentalspiel waren immer prägende Elemente des kraftvollen Sounds von GroundSpeed.

Inspiriert durch die Carter Family, Lester Flatt, Doc Watson, Merle Travis und andere wurde aus dem Country-Blues und Ragtime-Gitarristen Matthias Malcher Ende der 70er Jahre alsbald ein Bluegrass-Gitarrist und Banjospieler. Die Begegnung mit Ulli Sieker und der Band "Bluegrass Express" machte den Wandel perfekt, und es begann eine musikalische Partnerschaft mit Ulli Sieker, die seit den frühen 80er Jahren bis zum heutigen Tage hält. Malcher und Sieker spielten mit "Bluegrass Express" in Nord-und Westdeutschland, sie tourten als musikalisches Duo "Looping Brothers" zusammen unter anderem durch England, Schottland, Irland und Nordamerika und sind natürlich auch in GroundSpeed nicht auseinander zu dividieren. Matthias Malcher spielt eine energische, dynamische Rhythmusgitarre im Stil der Gründergeneration dieser Musik. Zwischendurch glänzt er durch geschmackvolle kleine Breaks oder überrascht durch Intros im authentischen Gospel-Guitar-Style. In der Band übernimmt er ausserdem die Harmoniestimme.

Einer der ausdrucksstärksten Banjoisten Europas ist mit von der Partie: Edwin Herkert, mit dem Ohr des professionellen Klavierstimmers und dem extravaganten "custom-top-tension-Instrument". Edwin Herkerts Stil wurde ursprünglich von Earl Scruggs und sehr stark auch von Bill Keith geprägt und ist nun zu einer eigenständigen Mixtur aus traditionellem und melodischem Spiel geworden, das die Reife jahrzehntelanger Praxis spiegelt. Unbeirrbares Timing, gepaart mit dem bekannten Erfolgsrezept von "skill & taste" machen aus Edwin Herkert einen atemberaubenden Solisten wie auch einen integralen Bestandteil der Bandmusik, der sich zurücknehmen kann, um das Spiel der Bandkollegen zu unterstützen. Im Satzgesang der Band übernimmt Edwin die tiefen Parts. Edwin ist auch ein ausgezeichneter Fiddle-Spieler und versierter Multi-Instrumentalist. Die Twin-Fiddle-Tunes mit Ulli sind denn auch nebst seinem virtuosen Banjospiel und seinen Dudelsack-Einlagen Höhepunkte eines GroundSpeed-Auftritts.

Nach den Erfahrungen als Bassist in verschiedenen Blues-, Rock- und Folk-Formationen entdeckte auch Bernd Nollenberg seine Liebe zur Bluegrass-Musik. Er spielte Banjo, Gitarre und Fiddle, vernachlässigte jedoch nie sein Hauptinstrument, den Bass, den er sowohl als E-Bass, als auch in der elektroakustischen Version beherrscht. Bei GroundSpeed stellt Bernd allerdings unter Beweis, dass er ein ganz hervorragender Kontrabassist ist. Er liefert den sicheren "backbone" und den unbeirrbaren Takt, der diese oft schnelle Musik zusammenhält. Diese Basis ist das gesicherte Terrain auf dem sich die instrumentalen Eskapaden der Kollegen entwickeln können.

Klicken Sie auf: Bluegrass Express: Der vielversprechende Karrierebeginn von GroundSpeed. Von Hauke Strübing