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Unsere Country-Music-Ecke
In den 70er Jahren veröffentlichte ich eine Reihe von Beiträgen über die Country Music in verschiedenen Tageszeitungen

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Mit dem „Nashville-Sound" die Country Music propagieren

Nashville - das ist nicht nur die Hauptstadt des Bundesstaates Tennessee. Nashville ist das Mekka aller Anhänger der Country Music und eines der wichtigsten Musik-Produktionszentren der Welt. Wer heute von der Musik Nashvilles spricht, assoziiert sie mit dem Begriff „NASHVILLE SOUND". In einer mit einem umfangreichen Schallplattenpaket ausgestatteten Aktion macht die CBS in Frankfurt als erste große Schallplattenfirma den „NASHVILLE SOUND" einer großen Öffentlichkeit bekannt.

Ziel der CBS-Aktion „NASHVILLE SOUND" ist es, endgültig einmal mit dem unvollständigen Bild von Nashville aufzuräumen und Klarheit über die in Nashville produzierte Musik zu verschaffen.

Zu viele Emotionen und falsche Vorstellungen wurden in den letzten beiden Jahrzehnten hierzulande hinsichtlich Country Music aufgebaut: Vorstellungen von Western- und Cowboy-Romantik und Lagerfeueridylle machten sich breit. Vor Ehrfurcht dahinschmel-zendes Geschreibsel und Gerede derer, die es besser hätten wissen müssen und auch derer, die nur zu wenig wußten, führten die Country Music zwangsläufig ins Hintertreffen und ins musikalische Abseits!

Country Music ist heute eine Palette von Stilrichtungen, die neben dem Herkömmlichen, dem Authentischen auch und vor allem das Augenblickliche, das Moderne, das Progressive umfaßt. NASHVILLE SOUND steht für das Augenblickliche, das Moderne, das Progressive in der Country Music. Und sogar noch für mehr: Fast 30 Prozent der in den 50 in Nashville angesiedelten Aufnahmestudios produzierten Musik geht weit über den Begriff „Country" hinaus. Künstler wie Bob Dylan, Brenda Lee, Elvis Presley oder Ringo Starr kommen hierher, um den „NASHVILLE SOUND" auf ihre Platten zu bringen.

Mit einem dicken Schallplattenpaket nimmt sich CBS-Schallplatten des Themas „NASHVILLE SOUND" und Country Music jetzt an: Dazu gehören Langspielplatten von Charlie McCoy (Internationale Superhits vom Weltmeister der Mundharmonika - MONUMENT MNT 80 904), von Billy Swan (Rock'n'Roll Moon - MONUMENT MNT 69 162), der mit seiner Musik auf Songmaterial der 50er und frühen 60er Jahre aufbaut und sie in gefällige Form mit modernen Arrangements bringt. Tammy Wynette („Stand By Your Man") und Lynn Anderson („Rose Garden") gelten heute zu den Phänomenen der Nashville-Szene. Sie können mit Recht von sich behaupten, den NASHVILLE SOUND auf breiter Basis um die Welt getragen zu haben (Tammy Wynette: „Stand By Your Man" - CBS 69 141/„The Best Of Tammy Wynette - CBS 63 578; Lynn Anderson: „What A Man My Man Is" - CBS 80 621). Und da ist natürlich Johnny Cash. Rechtzeitig zu seiner so erfolgreichen Deutschland-Tournee im September erschien sein Album „Welcome To Europe" (CBS 53 658/10 DM) mit einem repräsentativen Querschnitt erfolgreicher und auch weniger bekannter Aufnahmen. Insgesamt an die 50 Langspielplatten umfaßt das NASHVILLE SOUND-Programm der CBS mittlerweile mit weiteren Produktionen u. a. von George Jones, Mac Davis, der Earl Scruggs Revue, Roger Miller, Larry Gatlin und Michael Murphey. Jede einzelne Platte versehen mit einem leicht auszumachenden Sticker „NASHVILLE SOUND"  - und erhältlich zum Vorzugspreis von 18 DM.

Hauke Strübing

Veröffentlicht am 29. Oktober 1975 in "Rundschau für den Schwäbischen Wald - Der Kocherbote".

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Bluegrass Express

Man hört Country-Klänge allenfalls gelegentlich im Rundfunk, dann und wann treten Country-Künstler auch schon einmal vor deutsche Fernsehkameras, wie letzthin etwa Gordon Lightfoot mit seinem Welterfolg „Sundown". Nur zu selten hingegen kann man sie selbst auf deutschen Showbühnen erleben, und auch die deutschen Country-Gruppen, von denen es an die achtzig gibt, spielen meist dort auf, wo naturgemäß ein schwerpunktmäßiges Interesse besteht: in den amerikanischen Militärclubs.

Für einen Tag nun soll das in Schwäbisch Hall anders werden, wenn nämlich anläßlich der 1. Hohenloher Funkausstellung im Neubau-Saal erstmals eine deutsche Country-Band auftritt, die sich zudem der an Originalität kaum zu überbietenden Bluegrass Music verschrieben hat. Bluegrass Express heißt die aus vier jungen Männern bestehende Amateur-Band. Bei folkloristischen Veranstaltungen in und um ihren Heimatort Bad Oeynhausen und zuletzt auch bei dem einzigen in Deutschland stattfindenden Country-Festival in der Nähe von Oldenburg haben sich die beiden Brüder Rolf und Ulrich Sieker, Hajo Windolph und Ulrich Müller mit ihren Bluegrass-Interpretationen (Instrumental- und Gesangsstücke) einen Namen gemacht. Dank persönlicher Beziehungen zu bedeutenden Künstlern in den USA konnte Bluegrass Express in den zwei Jahren ihres Bestehens wertvolle Erfahrungen sammeln. Indes, Erfahrungen allein führen noch nicht zum Erfolg, und so sieht dann auch ihr Übungsprogramm wie das von Olympioniken aus: soweit eben die Freizeit reicht, übt die Gruppe täglich bis zu fünf Stunden, erlernt jeder einzelne immer wieder neue Techniken.

Die Bluegrass Music ist wir deuteten dies bereits an eine eigenständige Stilrichtung innerhalb der Country Music, bei der ausschließlich Saiteninstrumente wie 5-String-Banjo, Fiddle, Mandoline, Gitarre und Baß eingesetzt werden. In den 40er Jahren entwickelte sie sich aus der traditionsgebundenen String-Band-Music. Ihren Ursprung hatte die Bluegrass Music in dem US-Staat Kentucky, dem Land des „Blauen Grases" (blue grass). Gerade in den letzten Jahren nun erlebte die Bluegrass Music vornehmlich in den USA eine Renaissance besonderen Ausmaßes, was wohl nicht zuletzt auf eine gewisse Übersättigung der stark rhythmusbetonten Pop Musik zurückzuführen ist.

So sieht nun das Programm des Country-Tages am Samstag (23. November) in Schwäbisch Hall aus:

16.00 Uhr Einführung in die Country-Music mit Musikbeispielen aus allen Bereichen der Country-Musik (von Schallplatten) im Neubau-Saal, anschließend um 17 Uhr Bluegrass Express

20.00 Uhr bis 24 Uhr: Bluegrass Express spielt in der Gaststätte „Schuhbäck" in Schwäbisch Hall.

Angekündigt hat sich übrigens bereits der Deutschlandfunk, der für seine wöchentliche Rundfunksendung „Country And Western Saloon" Teile der Veranstaltung im Neubau-Saal aufzeichnen will.  

Hauke Strübing

Veröffentlicht am 19. November 1974 in "Neue Kreis-Rundschau - Rundschau für den Schwäbischen Wald".

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„1. Hohenloher Funkausstellung" im Neubau"-Saal:
Ein Leckerbissen für Musikfreunde
"Bluegrass Express" und Peter Maffay begeisterten ihre Fans

SCHWÄBISCH HALL (hg). Mit dem Auftreten der Country-Band „Bluegrass Express" und der Autogramm­stunde des Schlagerstars Peter Maffay hatte die
„l. Hohenloher Funkausstellung" am vergangenen Wochenende ihren Höhepunkt. Die Ausstellung zeigt noch bis zum heutigen Montag einen umfassenden Überblick über die Produktion von insgesamt 37 führenden Fernseh- und Rundfunkherstellerfirmen. Die Besucherzahl von etwa 5500 Personen, die allein am Samstag in den „Neubau"-Saal gekommen waren, zeigte das große Interesse für derartige Veranstaltungen.

Einen Leckerbissen besonderer Art bot der „Bluegrass Express", eine vierköpfige Country-Band aus Bad Oeynhausen, am Samstagnachmittag. Die vier Musiker im Alter zwischen 16 und 20 Jahren demonstrierten auf ihren Instrumenten, Fünfstring-Banjo, Fiddle, Mandoline, Gitarre und Baß, beste amerikanische Bluegrass-Musik. Sie spielen seit etwa drei Jahren in dieser Formation zusammen und traten bereits zweimal mit Erfolg bei dem einzigen in Deutschland stattfindenden Country-Festival in der Nähe von Oldenburg auf.

Über die Geschichte der Bluegrass-Musik hielt Hauke Strübing, Redaktionsmitglied der Zeitschrift „Country Corner", Zuhörern einen informativen Vortrag. Und dann spielten sie los, im typischen Rhythmus und dem dieser Musik eigenen Harmoniegesang. Ihre Lieder hören sie sich zuerst auf Schallplatten an, um sie möglichst orginalgetreu wiedergeben zu können, teilte uns ein Mitglied der Band mit. Und wer sie sich anhörte, konnte feststellen, daß sie ihren Idealen wirklich sehr nahe kommen. Es war eine echte Demonstration einer Musikrichtung, die vielleicht zu Unrecht in Deutschland noch nicht sehr viele Anhänger hat.

Der Sonntagnachmittag war dann die große Stunde junger und alter Autogrammjäger, als sich Peter Maffay, in seiner typischen Lederjacke, den Schlagerfans präsentierte. Wie Bienen um ihre Königin scharten sich die Fans, um von ihrem Idol einen Schriftzug zu ergattern. Während der Star seine Freunde mit seinem unterschriebenen Konterfei zufriedenzustellen suchte, erklang aus großen Lautsprechern ein Ausschnitt aus seinem Schlagerrepertoire.

Wie uns Fritz Schaaf, Seniorchef und Gründer der veranstaltenden Firma „musik schaaf fernsehen", in einem vorläufigen Resümee versicherte, hätte ihm die überraschend große Zahl an Ausstellungsbesuchern bewiesen, daß eine derartige Veranstaltung in Schwäbisch Hall auch künftig das Interesse der Be­völkerung ansprechen könne.

Veröffentlicht im Haller Tagblatt am Montag, 25. November 1974

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David Houston – ein Country-Sänger mit Vergangenheit
Konzert vor dankbarem deutsch-amerikanischen Publikum

(X) In Deutschland wird die Country Music allmählich so bedeutend und po­pulär, daß man ihre Stars- die man in der Vergangenheit ohnehin nur selten zu Gesicht bekam - nur noch aus der Ferne sieht: In überfüllten Zuschauer­arenen am besten gleich mit dem Opernglas. So war das im Frühjahr in Frankfurt beim ersten großen Country-Festival, und nicht anders wird es demnächst Ende Oktober bis Mitte November in München, Berlin, Nürnberg, Karlsruhe und auch Mannheim sein. Für diese Zeit sind die nächsten Groß­veranstaltungen angekündigt.

Wie anders und wieviel beque­mer hatten es am Donnerstag­abend da doch die zahlreichen Besucher des „Community-Clubs" in den Hessentaler Dolan-Barracks. Sie erlebten ihren Country-Star quasi vor der Haustür und konnten mit ihm sogar auf Tuchfühlung gehen. Schließlich erlebt man auch nicht jeden Tag einen so bedeutenden Vertreter der Country Music und dazu noch einen Nachkommen zweier berühmter Amerikaner des vergangenen Jahrhunderts in einer Per­son. Der Sänger heißt David Hou­ston, mit seinen knapp 41 Jahren zählt er bereits zu den Altstars der Country Music. Seine Vorfahren sind ein gewisser Sam Houston, der den Staat Texas in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mitgründete (und dem man mit der texanischen Millionenmetropole Houston ein dauerndes Denkmal setzte), und ein General namens Robert E. Lee, der als Führer der Südstaaten im amerikanischen           Civil-War (1861/65) und Gegenspieler von General Grant in die Geschichte eingegangen ist.

Dieser David Houston war also in Schwäbisch Hall und gab für ein dankbares deutsch-amerikanisches Publikum ein Konzert. Ganz im individuellen Rahmen und in der gepflegten Atmosphäre des just renovierten „Community-Clubs". Man merkte dem etwas reserviert wirkenden Houston von Minute zu Minute mehr an, daß ihm, der ja ansonsten die großen Arenen des Showgeschäfts kennt, diese Atmosphäre gefiel.

Und das ist sein Beitrag zur Country-Geschichte: 1963 gelingt dem damals 25jährigen aus Shreveport im US-Bundesstaat Louisiana der nationale Durchbruch als Country-Sänger mit der Aufnahme „Mountain Of Love". Drei Jahre später beginnt dann für ihn eine Zeit des nichtabreißenden Erfolgs mit dem Lied „Almost Persuaded". Die Platte rotiert in zweimillionenfacher Zahl auf den Plattentellern. Er erhält für dieses Lied 2 Grammys - die höchste Auszeichnung, die die amerikanische Musikindustrie zu vergeben hat. „Almost Persuaded" bedeutet für ihn Erfolg, ständige Auf­tritte auf der Bühne der Grand Ole Opry in Nashville und Mitwirken in vielen Fernseh-Shows. Bei seinem mit kurzen Unterbrechungen vier (!) Stunden dauerndem Auftritt in „Community-Club" stellte der Sänger eine Vielzahl eigener Lieder vor. Na­türlich nahm sein Dauerbrenner „Almost Persuaded" eine Sonderstellung ein: Schließlich ist es sein Lied! Vieles kommt auch den deutschen Zuhörern bekannt vor - da sind die Melodienfolgen eines Hank Williams oder altbekannte Western-Titel der Sons Of The Pioneers, mit denen schon Ken Curtis alias Festus vor einem guten halben Jahr im Fernsehen glänzen konnte. Und vieles hört sich ganz einfach recht schön an, weil David Houstons Musik eingängig zwischen dem traditionellen Bereich rustikaler Country-Klänge und dem weichen Sound der Pop Music angesiedelt ist. 

Begleitet wurde David Houston von seiner Gruppe, den „Persuaders", die mit ihm erst am Mittwoch aus den USA eingeflogen ist und nun in den nächsten zwei Wochen eine Reihe von Shows u. a. in Stuttgart, Berlin, Wiesbaden, Gießen und Augsburg gibt. Sein Schwäbisch Haller Auftritt war der Beginn dieser Tournee, sein erster Auftritt übrigens nach gut 14 Jahren Europa-Abstinenz. Zum letztenmal war er 1966 in Deutschland. Mit von der Partie war noch ein anderer bedeutender Mann, der mehr im Hintergrund des Country-Music-Geschäfts steht: Tillman Franks, Komponist einiger bedeutender Hits und langjähriger Manager von David Houston, führte vor nun 20 Jahren Johnny Horton (The Battle Of New Orleans) zur Weltkarriere, um nur kurze Zeit darauf in dem Auto zu sitzen, in dem Johnny Horton 1960 in Texas tödlich verunglückte. Dieser Tillman Franks schrieb auch den Erfolgstitel „North To Alaska" - allerdings unter dem Pseudonym M. Phillips.

Aber natürlich war David Hou­ston die Hauptattraktion an diesem Abend, und seine Fans haben es dankbar vermerkt, daß sie ihren Star nun nach 17 Jahren im großen Showgeschäft so ganz bescheiden, so ganz einer wie sie, ganz ohne Allüren hören, sehen und erleben konnten.
Hauke Strübing

Veröffentlicht im Haller Tagblatt am Samstag, 8. September 1979



Fortsetzung in "Unsere Country-Music-Ecke (2)"